LIVEBERICHT

DIE KASSIERER :: Punkarett


Live im Faust in Hannover am 31.01.2014

(Text und Fotos (c) Chris)

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DIE KASSIERER, was ist das eigentlich…?! Ach, vermutlich haben schon Milliarden von Berichten über diese Band mit diesem Satz angefangen… daher widerrufe ich ihn hiermit.

Ach ich weiß noch… damals. Ich war jung und brauchte das Geld, daher ging ich zum Grundwehrdienst. Das war zwar nicht viel Geld, aber wenigstens stellten sie uns eine warme Bude und lehrten und, wie man Knarren bedient. Solche Softskills kann man ja im späteren Leben immer mal gebrauchen. Zur Landesverteidigung ist die damalige Kompanie aber nur bedingt zu gebrauchen, denn was ich in meiner Grundwehrdienstzeit gelernt und behalten habe, ist, wie man Hemden zusammen nimmt und säuft. Mittlerweile hänge ich meine Hemden auf Bügel, aber saufen kann ich noch. Damals habe ich es gelernt und DIE KASSIERER waren immer mit uns. „Der Heilige Geist greift an“ wurde beim Appell in Gänze von der Kompanie intoniert und Parolen setzten sich aus Songtiteln zusammen… Ach, das waren noch Zeiten…

Die Zeiten ändern sich, aber DIE KASSIERER nicht. Bei jeder Extremsituation sind sie dabei und brechen das Eis… nach jeder Werder-Niederlage wird das Zugabteil beschallt und es gibt niemanden, der DIE KASSIERER nicht kennt. Vom Studenten bis zum Zugführer sind immer alle dabei… Wer heute noch dem Irrglauben anheimgefallen ist, die Illuminaten sind die heimlichen Herrscher der Weltgeschichte, sollte sich von nun an neu orientieren.

Kunst oder Krempel? Universität oder Trinkhalle? Wolfgang Amadeus Mozart oder Wolfgang Petry? Charles Bukowski oder Ute Danella? Es gibt nur eine Wahrheit… aber die muss jeder selbst für sich herausfinden.

Neunzehn Jahre haben wir mittlerweile miteinander verbracht und ihr kennt das: Manchmal hat man Angst, bei einer Audienz seinen Göttern in Menschenform gegenüberzuknien…und so habe ich es erfolgreich vermieden jemals einem Gottesdienst der Himmelsgesandten beizuschlafen. Bis heute.

Ich habe mir Verstärkung in Form von Apostel Michi organisiert und wir finden uns zur Zelebration des Herrlichkeit im Faust ein.
Der Ruf der Heiligen aus dem Ruhrpott hat alle KASSIERER-Fans im Dorfe sich sammeln lassen und so findet der Gottesdienst vor einer ausverkauften Kulisse statt. Nach einem schönen Intro betreten die Weltenerschaffer, die seit Äonen im Universum herumsaufen die Bühne im Faust und begrüßen die erste Reihe per Handschlag…

KASSIERER-Konzerte sind Punk, gepaart mit Kabarett. Vielleicht ist es Punkarett…vielleicht auch nicht, aber es ist Kunst. Der Hohepriester der Bums-, Fäkal-, Sauf- und sozialkritischen Lyrik, namentlich Wölfi, entledigt sich während der ersten Liedes bereits seines T-Shirts, nur um sich bei dem Top Ten-Hit „Mein schöner Hodensack“ auch seiner Jeans und Unterbuxe zu entledigen, um seine Anhänger mit dem Krummstab zu segnen. Diese geraten dermaßen in Verzückung, dass sich zu späterer Stunde zwei Jünger entscheiden, es ihrem Heiland gleichzutun und splitterfasernackt auf der Kanzel herumhüpfen; das ist Götterhuldigung, ca. 6000 vor Christus.
Pünktlich, als Apostel Michi gesteht, dass er kein Bier mehr zu Hause hat kommt, na was wohl? „Das schlimmste ist, wenn das Bier alle ist“, da haben die vier Heiligen ein feines Gespür für die Nöte der Gemeindemitglieder bewiesen.
Bei „Sex mit dem Sozialarbeiter“ werden ebensolche gebeten, sich am Merchandisestand in eine Warteliste einzutragen, damit man es später krachen lassen kann…Man sorgt sich halt um seine Schäfchen!

Aber man sollte diese verrückte Bande nicht nur auf Wölfi reduzieren, denn ohne Niko an der Gitarre, Mitch am Bass und Volker am Schlagzeug, wäre die Band nicht komplett… diese drei Mollusken sind ebenso unterhaltsam und musikalisch, wie der Frontmann auch. Die DOORS bestanden ja auch nicht nur aus Jim Morrison und die BEATLES hatten auch mehr Mitglieder als John Lennon.

Zwischen den virtuos dargebotenen Songs gibt es auch eine kleine Kabaretteinlage, die sich dem Thema Beischlaf widmet, aber dank einer schlecht Position konnten wir nicht gut zuschauen und gehen erst mal strullen.

Weitere Lieder, die im Gottesdienst inbrünstig von der Gemeinde durch Gesang, Tanz, Bierduschen und Stagediving gefeiert werden, sind u.a. „Mir ist alles piepe“, „Quantenphysik“, das unvermeidliche „Blumenkohl am Pillemann“, „Mach die Titten frei“, „Im Sauerland kann man teleportieren“, „Sonnenfinsternis in Lissabon“, „Kein Geld für Bier“, „Drillinstructor Song“, „Ich töte meinen Nachbarn und verprügel seine Leiche“, „Ich fick dich durch die ganze Wohnung“, „Mein Glied ist zu groß“, „Haschisch aus Amsterdam“, „U.F.O.“, „Tot, tot, tot“.

Als die Gemeinde das heiligen Hallen nach dem Ende der Prozession nicht verlassen will, legt man mit „Außenbordmotor“, der „Stinkmösen/Fischpimmelpolka“ nach und lässt den „Partylöwe“ von der Leine.

Nach guten 90 Minuten ist der Gottesdienst zelebriert und die Heiligen aus der gelobten Stadt Wattenscheid ziehen von dannen, um weitere Jünger in anderen Städten mit Punkarett zu segnen. Und das ist gut so. Man sollte niemals aufhören, die Menschheit zum Saufen, exzessiven Beischlaf und Asozialität zu missionieren. Arbeit und Sorgen haben wir auch alleine genug.

Ich darf mich ganz herzlich bei Niko bedanken! Und bei den KASSIERERN! Und bei Michi! Und bei meiner Frau! Und bei dem Typen, der mir sein Bier in meinen Kapuzenpulli geschüttet hat! Und überhaupt! (chris)