CHELSEA WOLFE Live am 07.11.2015 im Cafe Glocksee in Hannover. Support: A DEAD FOREST INDEX
Bilder & Text @ Michi
Es ist November und inzwischen ist es wieder so, dass es bereits stockdunkel ist wenn man sich auf dem Weg macht auf ein Konzert. Doch was fast unheimlich ist, es sind unglaubliche 18°C Abends um 20 Uhr, sehr unwirklich. Heute führt es mich ins Cafe Glocksee in Hannover in dem heute CHELSEA WOLFE spielt, deren Musik man als „Drone-Metal-Art-Folk“ bezeichnet, was immer das auch heißen mag. Ich bin erst kürzlich auf ihre Musik aufmerksam geworden durch ihr Duett mit KING DUDE namens „Be free“.
Schon beim Betreten des Innenhofes vom Glocksee kann man erahnen, dass die Halle heute ziemlich voll sein wird, denn eine bombastisch lange Schlange hat sich aufgereiht und arbeitet sich mühsam durch den nicht wirklich geübt wirkenden Einlass. So dauert es eine gefühlte kleine Ewigkeit bis ich endlich drinnen bin, wie erwartet ist der Konzertraum schon bis zum Anschlag gefüllt und die aus dem fernen Neuseeland stammenden A DEAD FOREST INDEX haben bereits ihren Auftritt begonnen. „Folk Noir mit New Wave und Positive Punk“ Wurzeln heißt es spielen sie, wieder so eine wild abstrakte Bezeichnung. Zelebriert wird eine sehr eindringliche Gitarren dominierte Musik, die allerdings auch durch sehr intensive Drums auffällt und durch einen außergewöhnlich anmutenden Gesang von Adam Sherry. Die Zuschauer sind gut dabei, schon jetzt fällt es schwer vor die Bühne zu gelangen. Die Titel „Cast of lines“ oder „Distance“ haben eine schwermütige und experimentelle Aura die sowohl vom Gesang aber auch durch die grandiose Gitarrenarbeit transportiert wird.
Nach diesem wirklich gefälligen Auftritt ist die Luft im Cafe Glocksee bereits zum zerschneiden. Es ist heiß, schwitzig und man kann von Glück sprechen, dass man hier die Besucher nicht abzockt sondern Getränke für einen außergewöhnlich günstigen Preis anbietet. Trotzdem stellt sich schnell die Frage, warum das heutige Konzert nicht in einer größeren Lokalität stattfindet.
Schnell ist die Bühne umgerüstet für den Auftritt von CHELSEA WOLFE, Nebelschwaden ziehen über die Bühne und das Intro kündigt den Start des Auftrittes an. Zuerst enternt ihre Band die Bühne und schließlich kommt auch CHELSEA WOLFE auf die Bühne und mit „Carrion flowers“ beginnt sie ihren Gig. Die Drums krachen, die Gitarren knarren tief und eindringlich und der fast rituell klingende Gesang lässt jeden in der Halle erschauern. CHELSEA WOLFE tritt so auf wie man sie kennt, mit ihren tief schwarz ummalten Augen wirkt sie abgründig, geheimnisvoll und doch magisch anziehend. In der zweiten Hälfte des Stückes greift sie auch selber zur Gitarre und verdichtet und intensiviert den Gesamtsound ungemein. Der atmosphärische Gesang steht im Kontrast zur tief dunkel wirkenden Musik der Instrumente.
Immer wieder lässt man in Pausen oder ruhigeren Passagen stilistisch die Gitarren über Rückkopplungen ächzen, was total verstörend klingt. Die zähen und gallertartigen Gitarrenriffs von „Dragged out“ wirkend hypnotisierend und die eindringliche Rhythmik gepaart mit der filigranen Melodie bei „We hit a wall“ sind weitere Höhepunkte des Konzertes. Immer wieder bin ich gebannt und schlichtweg begeistert von der ungemeinen Dichte des heute grandiosen Sounds im Glocksee.
Wenn man sich die wundervolle Dunkelheit, Emotionalität und kalte Trostlosigkeit auf den Studioaufnahmen anhört, fragt man sich ob das Live auch transportiert werden kann, doch diese Frage stellt sich heute nicht, denn der Sound ist perfekt, dicht, fassettenreich und trotz des meist eher ruhigeren Tempos ist die Musik zu jeder Sekunde extrem spannend. Genial sind die punktuellen Ausbrüche, die immer umgehend für eine hohe Dynamiksteigerung sorgen. „After the fall“ ist so ein Stück welches über eine gesteigerte Energie verfügt und auch heute zum kollektiven begleitenden Kopfnicken führt. Filigran und Melodie-verliebt ist dagegen „House of metal“ das fast verführerisch wirkt und für einen sehr ruhigen aber intensiven Moment sorgt. Nach etwa einer Stunde verschwinden die Musiker von der Bühne und lassen nochmal zur Zugabe bitten.
Zuerst kommt das Stück „Survive“ das zuerst schleichend und irgendwie auch bedrohlich ist um dann später explosiv und sehr energisch auszubrechen. „Colour of blood“ ist wohl das geheime Highlight für viele Besucher und auch heute Live grandios, dicht und spannend in seiner sich steigernden Entwicklung. „Pale on pale“ ist schließlich das Finale des Abends an dem wohl jeder Anwesende absolut überzeugt ist, ein richtig gutes Konzert gesehen zu haben.
So spannend und abwechslungsreich die Geschichte von CHELSEA WOLFE über ihre bisher vier Alben war, so aufreibend war auch der heutige Auftritt, welcher sich größtenteils mit dem Songmaterial des aktuellen Albums „Abyss“ beschäftigt hat. Spannend wird es sein das weitere Schaffen der aus Kalifornien stammenden Sängerin zu verfolgen. Doch eines scheint klar, beim nächsten Auftritt in Hannover wird das Cafe Glocksee kapazitiv nicht mehr ausreichen.
Es ist fast Mitternacht, draußen vor der Halle ist es mit 16°C immer noch sehr mild, das Laub tanzt vom Wind angetrieben auf den Straßen hin und her, Cabriolets fahren durch die Stadt,… eine surreal anmutende Szenerie, passend zur Musik des heutigen Abends….(michi)