LIVEBERICHT

ATARI TEENAGE RIOT :: Intensiv aber kurz

ATARI TEENAGE RIOT Live in Headcrash Hamburg am 27.03.2015
Support AUTHOR & PUNISHER

Words & Pictures @ Michi

Unlängst haben ATARI TEENAGE RIOT mit „Reset“ ihr neues Album herausgebracht. Dementsprechend hat sich die aus Berlin stammende Digital Harcore Truppe aufgemacht, um die neuen Songs Live der Menschheit vorzuführen. Tags zuvor war in Dresden der erste Deutschland Termin, heute am Freitagabend steht Hamburg auf dem Plan. Gespielt wird im Headcrash einem kleinen Club, eine Querstaße zur Reeperbahn. Neugierig wird nach dem Öffnen der Tore die Location inspiziert. Das Headcrash ist wirklich winzig. Zuerst muss man ein enges Treppenhaus hinauf in die erste Etage, dort befindet sich dann eine kleine Halle die vielleicht 200-300 Personen fassen kann. Also es wird eng,…soviel ist schon mal klar. Auch ist klar, dass kleinere Menschen echt ein Problem bekommen werden mit der Sicht, denn die Bühne hebt sich vielleicht gerade mal 30cm vom sonstigen Boden ab.

Schnell füllt sich das kleine Headcrash und als der Support beginnt, hat sich die Lokalität bereits sehr gut gefüllt. Zum Einheizen haben sich ATR heute den aus San Diego stammenden Act AUTHOR & PUNISHER eingeladen, einen Alleinunterhalter, der sich dem Industrial – Experimental – Dorne -Dub gewidmet hat. Das Bild auf der Bühne ist bizarr denn der Mastermind steht vor seinem Pult, die Arme verschwinden in obskuren futuristischen Gebilden, welche bei Bewegung Geräusche erzeugen. Mit diesen Instrumenten werden dann langsame, schwermütige und auch sehr dunkle Sounds ins Rollen gebracht und schnell wird klar, warum man die Musik auch als Industrial Doom bezeichnet. Schwermütig, schleppend und grundtief böse erscheinen die Sounds, die auch des öfteren bis an die Schmerzgrenze ausgesteuert sind. Die Voices des Künstler sind tief grollende und verzerrte Fragmente, die größtenteils kaum als Worte zu identifizieren sind. Irgendwie zu Beginn faszinierend wird diese in Summe wenig abwechslungsreiche Soundkulisse mit der Zeit aber leider etwas eintönig in meinen Ohren. Doch die inzwischen zahlreichen Besucher sind teils wie gebannt und feiern die Leistung von AUTHOR & PUNISHER lautstark. So vergehen etwa 45 Minuten mit tief dunklem elektronischen Sound, kam mir allerdings wie eine kleine Ewigkeit vor…

Der Umbau in der Pause geht flott von statten und so dauert es gerade mal etwa eine viertel Stunde  und ATARI TEENAGE RIOT entern die Bühne. In der Zwischenzeit hat die die Halle noch bis zum Anschlag gefüllt und Bewegung ist nur mit größter Mühe zu vollziehen. An ein Vordringen in die ersten Reihen ist somit nicht wirklich empfehlenswert heute und so wird das Konzert heute größtenteils von akustischen Reizen sein und weniger von optischen. Somit bitte ich an dieser Stelle die weniger detaillierten Bilder zu entschuldigen, sie enthalten dann eher echten Live Spirit als sterilen Fotograben Charakter.

Alec Empire, Nic Endo und Rowdy Superstar bieten zu Beginn der Show fast ausschließlich Titel vom neuen Album. „Reset“;  „Death Machine“ und „New Blood“ sind nur einige der neuen Tracks, die Live eine weitaus höhere Intensität haben, als man es auf der doch recht verhaltenen neuen CD spürt. Die Beats Krachen und die Voices stecken voller Aggressivität, was schnell zur Folge hat, dass die Menge vor der kleinen Bühne zum Kochen kommt und man sich sicherlich nicht über zu wenig Bewegung beklagen kann.

So richtig Potential zum Ausrasten kommt dann erstmals mit dem Klassiker „No Remorse“ auf, bei dem die Paarung aus wilden Break Beats und bissigen Gitarren die Masse schnell in Wallung bringt. „2000 Years Of Culture“ ist dann ein weiteres Stück aus älteren Tagen, doch man begibt sich dann schnell wieder zu den neuen Stücken. „Earse Your Face“ hat eine dunkle Aura durch seinen langsamen durchdringenden Sounds. Die dumpfen Beats sind so intensiv, dass der ganze Laden vibriert und sogar die Glasflaschen auf den Tischen beginnen sich wie von Geisterhand zu bewegen. Generell ist bei Konzerten von ATARI TEENAGE RIOT immer Tempo angesagt und so ist zwischen den Songs auch kaum Zeit zum Verschnaufen, es geht fast ohne eine akustische Beruhigung immer weiter.

Die Songauswahl ist heute schon extrem auf das neue Album gerichtet. Aber Titel wie „Transducer“ sitzen natürlich vor allem Live wie die Faust aufs Auge. Die Akteure wechseln geschickt die Rolle des Sängers und Einheizers, so steht die zierliche Nic Endo dem Alec Empire in nichts nach, was Energie betrifft. „Blood In My Eyes“ ist so ein Stück vom vorherigen Album, das inzwischen fester Bestandteil jeder Show ist und durch Nic`s Stimme so grandios im Kontrast zum elektronischen Sound steht. Unverzichtbar sind allerdings schon die alten Klassiker und als diese mit „Speed“, „Atari Teenage Riot“ und „Revolution Action“ dann kommen ist kein Halten mehr im Publikum und Körperkontakt  ist dank der Dichte im Headcrash nicht vermeidbar.

Das Alec Empire und ATR politisch sehr engagiert sind ist ja bekannt und so darf auch heute natürlich keine Message fehlen gegen Nazis, welche dankend und lautstark gewürdigt wird. Irgendwie werde ich allerdings auch das Gefühl nicht los, dass man sich mit dieser Aktion schon ein bisschen Richtung Konzertende bewegt, obwohl man gerade mal eine Stunde Spielzeit vollbracht hat.

Zuerst einmal kommen aber wieder einige neuen Stücke, „Mordern Lair“ ist dabei und auch „Collapse of History“ von letzten Album. Komischerweise sind dann die Akteure von der Bühne verschwunden und das kurzzeitige „Zugabe rufen“ hilft auch nicht, denn das Licht geht an und es wird andere Musik eingespielt,…. was soll denn das?? Wo sind denn die weiteren Klassiker und Kracher der frühen Tage der Band? Das enttäuscht nun wirklich sehr. Klar bei einer Albumtour werden die neuen Songs vorgestellt, doch für meinen Geschmack ist heute viel zu schnell Feierabend und dies führte zum Auslassen sehr vieler eigentlich unverzichtbarer Stücke.

Tja, somit gehts dann etwas enttäuscht wieder hinaus in die bunte Nacht der Hamburger Vergnügungsmeile. Ein Feuerwerk von der Kirmes „Hamburger Dom“ lockt dann noch und wenn die Musiker schon so früh aufhören zu unterhalten, muss man sich halt den Schaustellern widmen die mit einem unendlichen Meer an bunten Lichtern und verrückten Fahrgeschäften locken,….(michi)