Festivalbericht
DEVIL SIDE-FESTIVAL vom 20.07.2012 bis 22.07.2012 an der Turbinenhalle in Oberhausen
u.a. mit HATEBREED, DANKO JONES, DORO, SUICIDAL TENDENCIES, OVERKILL, SAINT VITUS uvm…
Ja, das erste DEVIL SIDE-FESTIVAL war 2009 ein zweischneidiges Schwert: genial von den Bands, erschreckend in der Organisation (den Bericht zum Abgewöhnen findet ihr HIER. Seitdem ist das Festival auf der Suche nach einer eigenen Identität. Nachdem man 2010 in Essen die Kuh fliegen ließ, musste das Event 2011 wegen des gleichzeitig stattfindenden Big 4-Gigs in der Arena auf Schalke sogar abgesagt werden. Aber jetzt ist man „ready to strike“! Man hat das Gelände direkt an der Turbinenhalle Oberhausen gebucht und möchte sich dort etablieren. Wir sind gespannt, was das Wochenende bringen wird!
Das Festival
Die Anfahrt gestaltet sich nach einem vorgezogenen Feierabend als relativ unspektakulär und die Tatsache, dass es keinen „Festivalparkplatz“ als solches gibt, hat mir im Vorfeld etwas Bauchschmerzen bereitet, auch wenn die Organisatoren im Vorfeld bestätigt haben, dass es mehr Parkplätze als Besucher gibt, was sich dann auch als wahr bestätigt hat. Man parkt zwar die Straße entlang und auf den angrenzenden Parkflächen diverser Betriebe / Zentren, aber dennoch will sich das bekannte Festival-Camping-Feeling nicht unbedingt einstellen. Der offizielle Campingplatz ist leider für PKWs nicht zugelassen, und da wir traditionell im Bulli nächtigen, bleibt uns nichts übrig, als uns an den Straßenstrich zu stellen. Zum Glück haben wir den „Tim&Tom“-Sondermodell-Aufkleber vom Auto entfernt, wer weiß, wer sonst mal alles geklopft hätte.
Als wir das Gelände betreten, sind wir erstaunt, wie weitläufig und dennoch familiär es angelegt ist. Die Bühnen stehen nebeneinander und der Platz vor der jeweiligen Bühne (es gibt die „Hellstage“ und die etwas kleinere „Devilstage“) ist gut geplant. Zwischen den mittig zur Bühne platzierten Mischpulten hat man zwar einen Wellenbrecher eingebaut, aber seitlich der Mischpulte ist mehr als ausreichend Platz. Überhaupt wird es an Platz nicht mangeln, was der Atmosphäre allerdings nicht schaden wird.
Die Organisatoren haben die größten Unebenheiten im Boden mit Sand aufgefüllt und ansonsten hat man nur etwas Schotter und Staub unter den Füßen. Den Staub hat man nach drei Tagen nicht nur unter den Füßen, sondern in der Poritze, den Atemwegen, Ohren, Zahnzwischenräumen und sonstwo. Aber das Wetter verwöhnt uns dermaßen, dass es wirklich erstaunlich ist. Von einem kleinen Schauer am Freitag abgesehen, war es trocken und wenn die Sonne sich durch die Wolken gemogelt hat, war es auch wirklich warm.
Die Wärme ist auch dafür verantwortlich, dass man ordentlich Durst schiebt und im Gegensatz zu 2009 ist die Versorgung mit Getränken absolut vorbildlich! Das Personal ist gut drauf, das Bier ist ruck-zuck gezapft und auch wenn es süßes Veltins ist, schmeckt es unter den gegebenen Bedingungen gleich doppelt gut! Daneben gibt es Jim Beam/Cola oder Energy/Vodka und natürlich Brause und Wasser. An anderen Ständen gibt es frisch gemixte Cocktails oder Slush. Das Essen ist festivaltypisch: Döner, Pizza, Burger, Nudeln, veganisches Zeugs; also viel zu fettig und preislich auch ziemlich happig. Viele nehmen den Weg zum nächsten McDonalds / Burger King auf sich, um sich einige Euronen zu sparen oder mal ordentlich über ein wassergespültes Klo zu hocken. Dabei war die Dixie-Entsorgung ziemlich straff organisiert, wurde doch bereits am Freitag und auch am Samstag ordentlich abgesaugt. Zum Sonntag hin wurde es aber wie immer: man fragt sich beim Dixie-Hopping, warum jemand sein Nutellabrot mitgenommen und an die Wand geklatscht hat…
Sehr geil geregelt ist die Organisation der Spielzeiten, denn ein großes Plus ist die Tatsache, dass sobald eine Band aufhört, die andere nach zwei, drei Minuten durchstartet. Es geht wirklich Schlag auf Schlag. Es bleibt immer gerade genug Zeit, dass sich die Zuschauer von links nach rechts schieben, oder auch mal andersrum und man nichts verpasst. Außer man möchte es.
Bei der stilistischen Bandbreite an Bands ist es allerdings nicht verwunderlich, dass man nicht alles sehen will / kann / muss. Der Crossover-Gedanke der Neunziger ist schwer lebendig und trotz der verschiedenen Backgrounds gibt es keinerlei Berührungsängste oder sonstigen Stress unter den Besuchern, was komplett geil ist.
Wo ich gerade bei den Besuchern bin: Grau ist das neue Schwarz. Unsere Musik ist in die Jahre gekommen und wir kommen mit. Sogar eine „moderne“ Band wie CLAWFINGER ist bereits 19 Jahre alt und manches Bandmitglied ist in Ehren ergraut. Genau wie sehr viele Besucher…naja von SAINT VITUS mal ganz zu schweigen, die sind höchstwahrscheinlich noch ein paar Tage älter, als die Erde. Aber es ist gut zu sehen, wie die jungen Hüpfer und alten Säcke sich gegenseitig akzeptieren und tolerieren, auch wenn man nicht alles miteinander gemein hat und haben muss.
Abschließend darf und vor allem möchte ich dem Organisationsteam gratulieren, denn was sie mit der dritten Auflage des DEVIL SIDE-Festivals geschafft haben ist definitiv Erstliga-tauglich. Weiter so!
And now for something completely different: die Musik!
Freitag, 20.07.2012
Leider Teufels haben wir durch die Anfahrt und das ganze Drum und Dran meine erste Wunschband verpasst: D.R.I.! Die Crossover-Götter hätte ich mir liebend gerne angeschaut, aber dem Vernehmen nach lief nur die Soundanlage auf der Bühne und dadurch war es sehr leise bis sinnlos.
Als wir zu den Klängen von BETONTOD das Gelände entern treffen wir auf Janin und Hagen, die Mitglieder der ARMY OF ZOMBIES, mit denen wir im Mai Wien unsicher gemacht haben! Und was ist das Erste, was ich von Janin sehe? Eine Schachtel mit Chinanudeln! History repeats itself, allerdings waren diese Nudeln „gar nicht lecker“. Mitglieder der ARMY OF ZOMBIES wissen Bescheid, alle anderen sind eingeladen, den Reisebericht zu lesen: HIER KLICKEN!
Der (restliche) Auftritt von BETONTOD geht in der Wiedersehensfreude unter, auch wenn mir der Titel „Wir müssen aufhören weniger zu trinken“ wohl nie mehr aus dem Kopf gehen wird.
THE BONES machen mit ihrem Streetpunk / Rock’n’Roll alles richtig und locken so schon zu einer sehr frühen Zeit viele Rocker vor die Bühne. Aber typisch für diese Art von Musik ist die Tatsache, dass man so was besser in einer kleinen Halle, anstatt auf einer Festivalbühne erleben sollte. Aber bei welcher Band ist das nicht so? THE BONES haben in Sachen Energie und Attitüde einiges zu bieten und haben sich mit diesem Gig sicherlich für gut besuchte Clubgigs empfohlen. Als grobe Richtungsangabe kann „räudiger Rock’n’Roll, der mich ein wenig an SOCIAL DISTORTION mit einer Punk-Kante erinnert“ gelten. Guter Einstieg.
THE SOUNDS passen vom Sound her nicht wirklich auf das Festival und auch wenn die FOO FIGHTERS und Quentin Tarantino sich als Fans der Band outen, bleibt der Indie Rock nicht ansatzweise in meinem Ohr hängen. Am auffälligsten ist Frontfrau Maja, die in ihren roten Kleid über die Bühne stolziert und auf dem Techniker reitet, der ihren Mikrofonständer richtet. Kathi sagt, sie klingen nach Debbie Harry bzw. BLONDIE. Das glaube ich mal ungesehen.
Im Anschluss stürmen ARCH ENEMY die Bühne und legen los. Legen sie wirklich los? Ziemlich schnell werden die „Lauter! Lauter!“-Rufe aus dem Publikum immer vehementer und Frontfrau Angela Gossow fordert die Mischer auf, die Anlage lauter zu drehen, da „sie ohne Mikrofon lauter als 85 Dezibel singt“. Am nächsten Tag wird man hören, dass es seitens des Ordnungsamtes die Auflage gibt, nicht lauter als diese besagten 85 Dezibel zu gehen. Nun ja, durch die gedrosselte Lautstärke fehlt den Bands etwas an Druck, aber als allzu störend habe ich das nicht wirklich empfunden, zumal der Sound bei fast allen Bands überwiegend gut bis sehr gut ist.
ARCH ENEMY sind eine recht tourfreudige Band und wer mal ein Festival besucht, muss sich schon sehr anstrengen, die Band mal nicht zu sehen. Ich persönlich kann mit dem Stil nicht wirklich etwas anfangen und der Auftritt von ARCH ENEMY ist der erste des Festivals, der mich darüber philosophieren lässt, wieso, weshalb, warum dem Einen eine Band gefällt und dem Anderen nichts gibt. Allerdings muss ich gestehen, dass ich dem Gitarrenspiel von Michael Amott einiges abgewinnen kann. Den Fans gefällt’s auf jeden Fall.
Auf der Devilstage starten CLAWFINGER als nächstes die Groove-Rakete. Die Mucke der Band ist ein starker Kontrast zum Death Metal von ARCH ENEMY und dementsprechend gibt es wenig Publikumsüberschneidungen. Aber Energie versprüht die Band um Zak Tell ohne Ende. Der dürre Sänger mit der einzigartigen Stimme ist schon wie 2009 ein wirkliches Festivalhighlight. Er klettert, rennt, springt, rappt sich durch die Hits „Nigger“, „Nothing goin‘ on“, „Zeroes and Heroes“, „Do what I say“ und wird flankiert von einer grandiosen Liveband, die trotz (oder wegen) des basslastigen Sounds und künstlich klingenden Drums ordentlich Crossover-Druck aufbaut und die Menge durchaus zu bewegen weiß. Spaßvogel und Keyboarder Jocke Skog nutzt seine Spielpausen sinnvoll und trinkt lecker Bier, während der grimmig dreinschauende Bassist den fetten Groove als Fundament auslegt, auf dem sich hervorragend tanzen lässt. Wann immer CLAWFINGER die Festivalbühnen dieser Welt betreten, ist Spaß garantiert. So auch heute und völlig zu Recht.
Spaß macht im Anschluss auch DORO! Wenn Doro Pesch und ihre Bande die klassische Metal-Keule rausholt, geht mir das Herz auf! Kein Scheiß! Authentischer Heavy Metal in Reinkultur und wer Songs wie „Burning the Witches“, „Metal Racer“, „Für Immer“ oder „Breaking the Law“ und natürlich „All we are“ auf der Pfanne hat, ist halt eine ganz Große. Die älteren Songs werden schön aggressiv gerockt und auch in den Genuss des neuen Songs „Raise your fist in the air“ kommen wir heute und ich muss sagen, dass der Song live sehr oldschoolig rüberkommt, was mir außerordentlich gut gefällt. Ihre sympathische Art verzaubert die Willigen dann endgültig und wenn sie dich von der Bühne herab anstrahlt, ist alles gut. Interessant ist auch der Gitarrist, der mit einem Unterarmgips spielt, wie manch anderer es wohl mit zwei gesunden Armen nicht kann, Respekt, das nenne ich Einsatz!
Dank der kurzweiligen Songs vergeht die Spielzeit wie im Fluge und bei DORO kommt auch zum ersten Mal die Lichtshow ansatzweise zum Einsatz. Was soll ich sagen?! Sieg durch K.O.!
DANKO JONES hat mich im Vorfeld auf CD nicht wirklich aus den Socken gehauen. Man kennt natürlich seine Kolumne in Rock Hard oder das eine oder andere Video, aber den Hype um die Musik habe ich nicht wirklich verstanden. Bis heute Abend. Ja, Danko. Ein Fan mehr! Die Mucke ist geil, erdig und das Dreigestirn bringt den Rock so locker rüber, dass er umgehend in die Beine geht. Die Texte sind pure Unterhaltung und der Meister ist ein Sprücheklopfer und Entertainer, wie man ihn erfinden müsste, wenn es ihn nicht schon gäbe. Besonders gut wird es, als es regnet und er gesteht, dass er extra für seinen Auftritt um Regen gebetet hat, weil es den Rock’n’Roll besser macht. Oder als er bemerkt, dass nicht ganz wenige Leute vor der IN FLAMES-Bühne stehen…da geht er steil und vor „Wut“ verspricht er uns die beste Show der ganzen Tour weil, er so angepisst ist, weil sich die Leute lieber einen Soundcheck, als seine Show angucken. Ob es die beste Show war, weiß ich nicht, aber sie wahr sehr, sehr geil. Definitiv eine Empfehlung für kleinere Clubs und Hallen.
IN FLAMES… mein Kollege Bastian schwört auf die Band und bevor wir gefahren sind, habe ich mich noch mit der Musik beschäftigt, Songs gehört und bin völlig unvoreingenommen an den Auftritt herangegangen. Wenn allerdings die erste „Ansage“ des Abends ist, dass der Gitarrist einen kleinen Schniedel hat, ist der Sänger entweder komplett dicht oder hat einen erschreckend schlechten Humor. Wie dem auch sei, die Musik kann ja nur besser werden. Bleibt aber tatsächlich auf diesem Schniedel-Witz-Niveau. Und wenn mein Leben davon abhängt: ich werde niemals verstehen, was an der Band hörens- oder liebenswert wäre. Null Charisma, die Songs scheinen ohne Höhepunkte zu kommen und wenn man nach DANKO JONES auftritt, sollte man auf „unterhaltsame“ Ansagen besser gleich verzichten, denn gegen den Meister ist alles nur Treppenhausgelaber. Höchstwahrscheinlich haben sie ihre Hits gespielt, aber da habe ich schon Jim Beam/Cola getrunken und gewartet, dass die Disco im T-Club endlich aufmacht.
Die Disco war dann ganz interessant, aber für alte Menschen wie mich ist das nichts mehr. Kathis hat′s kurz in den Beinen gezuckt, aber richtig durchdrehen wollte sie auch nicht mehr. Also ging es gegen 1 Uhr Richtung Bulli mit dem Wissen, einen geilen Tag erlebt zu haben, auch wenn nicht jede Band ein Treffer war (was aber auf Festivals schlichtweg unmöglich ist).
Samstag, 21.07.2012
MR. IRISH BASTARD auf einer Festivalbühne zu erleben ist mal eine neue Erfahrung für mich. Nach mittlerweile 6 Gigs in kleinen/mittelgroßen Hallen bin ich wirklich sehr, sehr, sehr gespannt, was die Bande aus Münster mit einem Festivalpublikum anstellen kann! Auffällig ist mal wieder die Besetzungsfluktuation, denn Lady Lily und das Trommeltier Ivo K’Nivo sind leider heute nicht dabei und während Lady Lily (wie gewohnt) von B.B. vertreten wird, nimmt Moe Leicester auf dem Drumhocker Platz…Moe Leicester spielt sonst als „Travelling Bastard“ an der Klampfe, ist aber Manns genug, sich dem Schlagzeugjob zu stellen. Dank der BASTARDS können wir auch nicht so richtig unseren Rausch ausschlafen, denn undankbarer Weise beginnt der Auftritt um 11.50h, aber es finden sich für diese Uhrzeit wirklich viele Leute vor der Bühne ein und es gibt so um kurz nach 12 auch schon den ersten Pogo-Pit. Bei diesem Auftritt wird sich wieder beweisen, dass MR. IRISH BASTARDS keinerlei Abnutzungserscheinungen an den Tag legen, denn auch wenn ich sie schon oft gesehen habe, machen sie immer Spaß und die Musik ist einfach für die Ewigkeit…“I smell the blood“, „Another Man’s Country“, „Fourty Something Street“, „Last Pint“ (inklusive Mitsingspielchen) oder „Let go“ machen auch zur Mittagszeit Lust auf ein paar Bierchen. Dass man auf die SEX PISTOLS-Coversongs verzichtet hat, ist bei der kurzen Spielzeit eine kluge Entscheidung, wie ich finde. Egal ob kleiner Club oder große Festivalbühne: die Bande ist wie immer mit 101% bei der Sache und das sieht und hört man. Toller Gig, wir sehen uns im Oktober!
Die ADOLESCENTS spielen ollen Ami-Hardcore im Stile von BLACK FLAG und Konsorten und können mich persönlich recht gut unterhalten. Hagen erzählt noch, dass sie auch mal einen Song in einem Tony Hawk-Videospiel untergebracht haben. Mehr zu schreiben würde die Performance der älteren Herrschaften auf der Bühne überbieten und das wäre arg unhöflich, daher weiter zu…
ALESTORM…Bontempi-Metal. Ging niemals, wird niemals gehen. Wenn sich das ausgedachte Image um Piraten, Entern, Rumsaufen und Kielholen dreht, sollte man das Image auch optisch umsetzen. Aber so? Zwei Plastik-Keyboards und Party/Sauf Metal lassen mich so kalt wie eine veganer Döner. Wieder eine Band, die viele, viele Leute mögen und ich nicht. Fühle mich aber auch nicht schlecht deswegen. Weiter im Text.
SAINT VITUS… hätte ich mal fast gesehen. Fast. Da haben sie bei uns in der Nähe gespielt. Ich wollte hin. Ging aber nicht, weil ich einen so unglaublichen Dünnsch…aber lassen wir das.
Heute ist der Tag…und er lohnt sich, denn die Musik, die uns die Hohepriester des Doom bei dem Kirchgang zu Ehren des Heiligen Vitus spielen ist einfach nur geil. Viele Jahre begleitet mich die Musik schon und endlich darf ich sie mir mal anschauen. Die Gesichter sind verwittert wie der Sound, die Haare grau und lang, aber Ausstrahlung haben diese Herren einfach. Wenn Dave Chandler einige Songs pantomimisch mit Gesten und Grimassen darstellt, ist das schon ziemlich geil und der typische Gitarrensound ist einfach nicht von dieser Welt. Wino ist eine coole Sau, der zwischen Hingabe und Entrückung wechselt und die Songs mit seiner einzigartigen Stimme zum Leben erweckt. Die Songauswahl ist brillant und „White Stallions“, „Dying inside“ oder selbstverständlich der Hammersong schlechthin „Born too late“ gehört zum Feinsten, was man auf dem gesamten Festival zu hören bekommt. Die Ausstrahlung und das Gesamtpaket SAINT VITUS lässt sie zu einer der coolsten Bands des Wochenendes werden.
NEAERA und LEGION OF THE DAMNED fallen einem Marsch zum Bus, Dixie, McDonalds etc. zum Opfer und von SKINDRED sehe ich nur die letzten zwei Songs. Die haben es aber in sich und der Frontbrocken hat die Leute voll im Griff und bringt sie dazu den „Newport Helicopter“ zu machen, was bedeutet, dass man sein Shirt auszieht und über dem Kopf wirbelt. Seltsam, beeindruckend und geil. Der Groove und die Energie ist auch vor der anderen Bühne zu spüren und nötigt einem ehrlichen Respekt ab.
THE CARBURETORS waren für uns DIE Festivalband des Jahres 2009! Auf dem SERENGETI Festival, dem WITH FULL FORCE und dem DEVIL SIDE haben die Kerle so dermaßen eingeheizt, dass sie sich ziemlich rasch zu einer meiner Lieblingsbands gemausert haben. So fiebere ich dem heutigen Gig also entsprechend entgegen. Und ich nehme alles vorweg: was die CARBURETORS machen ist der Inbegriff der Liveshow. Die Energie, der Spaß, die Songs, die Gimmicks und die Action! Wenn jede Liveshow so wäre, wie die der CARBURETORS, wäre die Welt ein besserer Ort, ich schwöre!
Für das Entertainment sorgt Kai Kidd (g), wenn er mit seiner Gitarre durch das Publikum marschiert, dabei natürlich immer weiter spielt, mit den Fans herumpost, Fotowünsche gleich direkt während eines Songs erfüllt und sich sogar mit Bier füttern lässt. Das ist Fannähe und was ganz Besonderes und das danken einem die Zuschauer auf ewig. Seinen zweiten großen Auftritt hat er als Feuerspucker und natürlich als genialer Rock′n′Roll-Gitarrist. Eddie Guz ist und bleibt das Frontschwein, der die Mädels begeistert und Stian (g) geht immer noch als Bruder von James Hetfield durch. King O′ Men (b) ist der mit Abstand coolste Bassisten-Sau im Universum und nagelt mit Chris Nitro (d) den Beat durch den Vergaser. Die Band post wie die Weltmeister und ganz nebenbei knallen sie die feinsten Rock′n′Roll-Songs der Welt um die Ohren, die z.B. „Burning Rubber“, „Rock′n′Roll Forever“, „The whole town is shaking“, „Terrified“, „Fire it up“, „Goin′ down“ heißen und der Gig ist von der ersten bis zur letzten Sekunde unglaublich geil. Ja, ich bin der Meinung, dass THE CARBURETORS zu den geilsten Livebands der Welt gehören. Amen! Fast forward Rock′n′Roll forever!
Von SET YOUR GOALS sehe ich nichts und was ich höre (amerikanischen melodischen Pop-Punk-Rock mit zwei Sängern) zieht mich nicht vor die Bühne.
Aber OVERKILL ziehen mich immer vor die Bühne. Und womit? Mit Recht! Diese Band ist so hochprofessionell und doch mit Spaß dabei, dass man gar nicht anders kann, als sie nach allen Regeln der Kunst abzufeiern und so bekommen wie dir ersten Sprechchöre des Festivals geboten. Die perfekt eingespielte Maschine rollt auch auf dem Festival wie ein Vierzigtonner über dich hinweg und die Fans sind zu keiner Sekunde enttäuscht, ganz im Gegenteil. Blitz ist gut bei Stimme und aufgrund des Tageslichts kann man mal sehen, wie grau seine Locken mittlerweile geworden sind. Dass der Job aber saumäßig anstrengend ist, sieht man heute ganz gut, denn wenn er von der Bühne kurz verschwindet, steht er neben den Boxen, die Hände auf den Knien und pumpt, was die Lunge hergibt. Heute verpasst er mal kurz seinen Einsatz, aber das wird ihm rums-bums verziehen. Derek Tailor, D.D. Verni und vor allem einer meiner Lieblingsgitarristen Dave Linsk sind gut drauf und man merkt ihnen keinesfalls die Routine an, die sie sich in den letzten Jahrzehnten erspielt haben, sondern sieht, dass sie Spaß haben. Dank der Songs haben die Fans auch Spaß und es fällt auf, dass OVERKILL in der Lage sind neue Songs zu schreiben, die sich nahtlos in die Klassikerriege mit einreihen. „Come and get it“, „Electric Rattlesnake“ oder „Old Shool“ und „Ironbound“ sind der Beweis, dass sich die Band ihre Relevanz hart erarbeitet hat. Natürlich bedienen sie sich auf den letzten Alben bei sich selbst, aber das machen MOTÖRHEAD auch. Zu den neuen Songs gesellen sich dann natürlich noch die Klassiker „Elimination“, „Wrecking Crew“, „Hello from the Gutter“, „Rotten to the core“ oder „Fuck you“, welches allerdings diesmal ohne den „Dirty deeds done dirt cheap“-Part auskommen muss. Intensiver Auftritt, der belegt, dass mit OVERKILL noch lange zu rechnen sein wird.
Langeweile, dein Name sei AMORPHIS. Der Tag neigt sich dem Ende zu, der Pegel steigt und man will angesichts des kommenden Restprogramms lieber etwas abgehen, als philosophieren und aus diesem Grund fallen AMORPHIS leider durch. Sicherlich gut gespielter Düstermetal mit gelegentlichen Death Metal-Anleihen, der mich unter anderen Umständen vielleicht mehr interessiert hätte, aber in meinem Alter muss man der körperlichen Anstrengung Tribut zollen bzw. seine Kräfte für die folgenden Eruptionen aufsparen…
Oh Gott, wie wichtig waren/sind SUICIDAL TENDENCIES für meine persönliche Entwicklung? Extrem! Sämtliche Alben sind Heiligtümer und das Vinyl meiner Scheiben ist schon ganz dünn gespielt, von den Dauereinsätzen seit Ende der Achtziger. Und endlich sehe ich sie wieder auf der Bühne, wenngleich wieder „nur“ auf einer Festivalbühne. Wie geil wäre es, die Band mal in einer guten Halle erleben zu dürfen, aber ich will nicht undankbar sein. Der Gig wird richtig geil, denn Mike Muir zieht alle Register, wegen der man ihn einfach lieben muss: seine Moves auf der Bühne sind legendär, seine Stimme ist der Hammer und seine Ansprachen gewohnt wortreich und zeitintensiv. Aber anders würde man es auch nicht haben wollen! Augenweide ist der mächtige Drummer Eric Roberts, der ein echtes Showtalent ist und nebenbei noch geil auf die Kessel haut. Dean Pleasants an der Gitarre ist eher der optisch unauffällige Part auf der Bühne, aber die Riffs und Soli sind einfach nur traumhaft. Verstärkt wird er an der zweiten Gitarre von einem Jungspund, von dem ich schwören könnte, dass ich ihn irgendwoher kenne und der richtig frisches Blut in die Band pumpt. Am Bass ist Tim Williams, der dem Spiel von Robert Trujillo recht nahe kommt, vor allem was die Haltung und die Bühnenaction angeht. Alles in Allem ist es wieder ein genialer Gig der Band, die endlich mal ausgiebig Deutschland betouren muss, denn ich glaube wirklich, das die deutschen Suicidal Maniacs die Band supporten bis zum letzten Atemzug. Thrash/Funk/Punk/Hardcore aus Venice Beach vom Feinsten und als nach „You can’t bring me down“, „Institutionalized“, „Freedumb“, „Send me your money“, „We are family“, „War inside my head“, „Subliminal“, „Cyco Vision“, „Possessed to skate“ dann auch noch „How will I laugh tomorrow“ kommt, gibt’s kein Halten mehr…Headbangen, Moshpit, Crowdsurfen, alles geht. Zum Abschluss ruft der gute Mike noch zum Platzsturm auf und holt soviel Fans auf die Bühne, wie es der Platz hergibt, dann gibt es „Pledge your Allegiance“ und „Memories of tomorrow“ und fertig ist der Gig. GEIL!
Den Erfolg von SABATON verstehe ich nicht ansatzweise. Auf mich wirken die Schweden wie eine konstruierte Band, die zum Global Player aufgebaut werden soll. Das Image der Band ist durchschaubar und die ganze Kriegsthematik interessiert mich ’ne Wurst und den Power Metal haben GRAVE DIGGER viel besser drauf. Es wird viel Geld in die Show gesteckt, die heute Abend mit Böllern, Funkenregen und kreuz-und-quer über die Bühne schießenden Feuersäulen die Menge unterhält. Die Menge geht steil und nicht wenige sind wegen der Band gekommen, aber wir bringen uns lieber für HATEBREED in Position…
HATEBREED… geht Kathi heute in den Pit? Fangen Sie wieder mit „Doomsayer“ an? Warum ist die Band so geil? Fragen über Fragen! Antworten gibt Jamey Jasta und seine räudige Bande heute mit dem Vorschlaghammer und diese lauten ja-nein-weil’s so ist. HATEBREED sind noch so eine hochprofessionelle Vereinigung der geilsten Prollo-Hardcore-Musikanten und allen voran marschiert natürlich Jamey Jasta, der die Fans von der ersten Sekunde an motiviert und aufpeitscht. Seine Ansagen sind wie immer herzlich und ganz ehrlich, was soll ich auf tausend Wörter ausdehnen, was man in kurzen Sätzen sagen kann: HATEBREED sind effektiv wie ein Kopfschuss, energiegeladen wie der Flux-Kompensator vor dem Abflug und die Songs sind fiese Hardcore-Brocken mit den geilsten Breakdowns, die man so um die Ohren geschleudert bekommt. Bei den Texten hat man so ein wenig das BÖHSE ONKELZ-Syndrom: Underdogs dieser Welt vereinigt euch. Persönliche Scheiße wird in Stärke verwandelt. „To the Threshhold“, „Never let it die“, „Facing what consumes you“, „In ashes they shall reap“, „Hands of a dying man“, „As diehard as the come“, „Perseverance“, „Before dishonor“, „Defeatist“, „Proven“, „Last Breath“, „This is now“, das göttliche „Doomsayer“, „Live for this“ oder „I will be heard“ werden aus wahrscheinlich 4000 Kehlen mitgegröhlt und als ich aus dem Fotograben komme, darf ich erst mal auf Kathi warten, die sich im Moshpit mit den großen Jungs ordentlich austobt. Geil! Ganz ehrlich: HATEBREED-Gigs sind Katharsis (wie eigentlich jedes Konzert sein sollte). Und dieses reinigt ganz besonders. Ein würdiger Headliner.
Und ein toller Abschluss des zweiten Festival-Tages, an dem organisatorisch wieder alles gestimmt hat und der mit MR. IRISH BASTARD, SAINT VITUS, THE CARBURETORS, OVERKILL, SUICIDAL TENDENCIES und HATEBREED das Feinste auf die Bühne gebracht hat, was ich mir hätte wünschen können.
Sonntag, 22.07.2012
Den Sonntag lassen wir gemütlich angehen. Nach den Umbau unseres Busses geht’s ab in das „Privatmuseum für angewandte alternative Kunstformen“ und wir werden von Janin und Hagen zum Frühstück geladen, wofür wir uns an dieser Stelle nochmals auf’s Schärfste bedanken möchten!
Dadurch, dass es so gemütlich bei Hund, Kater und Schwein ist, kommen wir erst kurz vor EVERLAST in die Turbinenhalle. Ja, richtig gelesen IN die Turbinenhalle, denn der dritte Tag ist als Indoor-Tag geplant und ich muss gestehen, dass es nach dem tollen Open Air ein wenig beklemmend ist, in die Halle zu gehen. Die stickige Luft tut ihr übriges, um die Entscheidung bis nach der BIOHAZARD-Show zu bleiben grundlegend zu überdenken. Aber EVERLAST möchte ich mir dennoch nicht entgehen lassen und was soll ich sagen? Grau ist das neue Schwarz, ihr erinnert euch?! Und EVERLAST ist mal richtig grau geworden. Aber gut! Er und sein Sidekick geben dir ein fettes Southern-Feeling gemischt mit BOB DYLAN, JOHNNY CASH (von dem man „Folsom Prison Blues“ covert) und EVERLAST. Seine charismatische Stimme erzählt dir Geschichten von Gewinnern und Verlierern, Höhen und Tiefen und die Show mit zwei akustischen Gitarren ist einfach nur intim, intensiv und genial. Und natürlich eher ungewöhnlich für ein Festival wie dieses, aber ich bin froh, den Gig sehen zu können. Der Mann ist eine echte Bereicherung.
AGAINST ME!, BIOHAZARD, POWERWOLF, FRANK TURNER & THE SLEEPING GODS und THIN LIZZY werden leider ohne uns auskommen müssen, da wir uns entscheiden, ein letztes Veltins zu genießen und dann die Rückfahrt anzutreten. Wir sind einfach froh, das Wochenende erlebt zu haben und zu sehen, dass das Organisationsteam des DEVIL SIDE-Festivals alles richtig gemacht hat. Alles in Allem kann man sagen: wir sehen uns nächstes Jahr!
Mein spezieller Dank geht an Martin und Janin & Hagen! (chris)