Live im Exil in Göttingen am 18.11.2011
www.mririshbastard.com
www.myspace.com/paddysfuneral
(Fotos by Chris)
Heute geht′s mit den besten Freunden nach Göttingen ins Exil, wo ich MR. IRISH BASTARD zum fünften Mal sehen darf. Wenige Bands habe ich öfter gesehen, aber wenn es nach mir geht, wäre ich am liebsten bei jedem Gig dabei. Als Vorband treten heute PADDY’S FUNERAL auf, was naheliegend ist, denn erstens kommen sie aus Göttingen und zweitens haben sie mit ihrem ersten Lebenszeichen „Pour in“ voll ins Schwarze getroffen und somit ist eine heimliche Hoffnung in Erfüllung gegangen. Vor dem EXIL bildet sich schon eine beachtliche Schlange an Gästen, aber aufgrund eines Staus kann der Soundcheck erst gemacht werden, als eigentlich schon Einlass sein sollte. Das berührt die Wartenden allerdings nicht und als wir uns die Menschen so anschauen, fragen wir uns, ob die alle ins EXIL passen… tun sie aber und man wird sogar noch Platz haben. Mit etwas Verspätung geht es also los…
PADDY’S FUNERAL hatten vor Kurzem mit einigen Line up-Schwierigkeiten klarzukommen und heute steht der erste Gig in neuer Besetzung an.
Nicht nur ich habe den Eindruck, dass die erste Hälfte des Gig eher verhalten angenommen wird, bzw. kein wirkliches Feuerwerk verursacht, wobei Songs wie „Lady Shatterly“, der neue Song „Celtic Voodoo Lady“ oder das DANZIG-Cover „Mother“ alles andere als langweilige Spaßbremsen sind. Richtig Fahrt nimmt die Chose dann auf, als mit „Whiskey“ losgelegt wird und der Schlusspunkt wird mit „Paddys Funeral“ und „Whiskey in the Jar“ gesetzt, wobei bei letzterem Song noch eine Gastsängerin auf die Bühne kommt und mit Jan ordentlich Gas gibt. Manko der Show ist der zu leise Geigensound und das, obwohl zwei Geiger heute mit von der Partie sind, aber auch die Sprechchöre („Die Geige ist zu leise“) können da nicht helfen, sind aber lustig.
Wenn ihr mich fragt, hat die Band Potential ohne Ende, Frontmann Jan begeistert mich mit seiner Stimme auch live und wenn die Jungs erst mal einige Gigs zusammen abgerissen haben, wird das garantiert eine Runde Sache. Auch die Mische aus eigenen starken Songs und gut gewählten Coverversionen ist der Band hervorragend gelungen. Im Endeffekt war es ein gutes Konzert.
Aber wann ist ein Konzert nicht nur gut, sondern richtig gut? Wenn du alles um dich herum vergisst, weder Zeit noch Ort relevant sind und du einfach die Sau raus lässt. Dazu braucht es aber eine Band, die zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist und das sind MR. IRISH BASTARD heute Abend im Exil. Als wir vom frische Luft schnappen in die kleine, gemütliche Location zurückkommen, die allerdings im Laufe des Abends arm an Sauerstoff und reich auf Kondenswasser wird, haben sie gerade begonnen und es fällt sofort auf, dass Itchy Quetchy und Lady Lily heute zu Hause bleiben durften oder mussten und von B.B. (Tin Whistle) und Lou Cas (Akkordeon) aber sehr würdig vertreten werden. Trotzdem etwas schade, denn ich hätte liebend gerne mit Lady Lily einen kleinen Schnack gehalten, aber dafür wird sich in der Zukunft sicherlich noch eine Gelegenheit finden. An der Gitarre finden wir heute auch nicht P, sondern Moe Leicester, dem es aber sichtlich Freude bereitet, mit seiner Flying V den Fans vor der Bühne richtig einzuheizen. Auch wenn ich Gefahr laufe, mich in MR. IRISH BASTARD-Liveberichten zu wiederholen: die Band hat Spaß, ist spielfreudig wie kleine Irish Setter-Welpen auf Katzenjagd und trotzdem passiert heute etwas, dass bisher nicht in dieser Form passiert ist: die Band explodiert und die Supernova blendet die Anwesenden nicht, sondern erfüllt sie mit der Energie der Band, die sich in diesem Wechselspiel potenziert. Heute Abend ist alles perfekt: die Musik, die Band, die Location, die Leute. Wirklich, es gibt für mich eine handvoll Clubkonzerte, bei denen diese Magie stattgefunden hat, und dieses ist eines davon (an einem anderen Konzert, welches wir niemals vergessen werden, waren die Bastarde aber auch nicht ganz unschuldig, nämlich beim legendären Gig mit PIPES AND PINTS und CIRCLE J in Kassel). Lange habe ich nicht mehr so viel gepogt und Spaß gehabt und gleiches gilt auch für Kathi, die entfesselt in den Pulk pogt und nach dem Konzert die blauen Flecken zählt.
Gute Konzerte kommen einer spirituellen Reinigung gleich und dank der irischen Bastarde reinigst du deinen Geist nicht nur von negativen Gedanken und dem ganzen Scheiß der letzten Zeit, sondern tankst dich mit positiver Energie auf, die dich durch die nächsten Tage trägt. Jawoll, so und nicht anders war der Gig. Es lebe die subjektive Sicht auf die Welt. Hinzukommt, dass das EXIL ein sehr kleiner Laden ist, der eine Interaktion zwischen Band und Publikum sehr einfach macht und so kommt es, dass die Band heute zwei neue Mitglieder bekommt, die aus Leibeskräften den Backgroundchor macht und erfolgreich die Fans mit „Let′s go Bastards“-Sprüchen anheizt. Das ist nicht nur witzig, sondern da die Beiden sich auch nicht benehmen wie die Axt im Walde, auch sehr unterhaltsam. Von der Band ist es sehr sympathisch, die Jungs einfach machen zu lassen, was halt auch zeigt, dass sie immer ganz nah am Fan sind, allerdings ist die Band sich dann auch nicht zu schade durch Unterstützung der „Ausziehen, Ausziehen“-Rufe die Jungs dazu zu bringen, blank zu ziehen und uns ihre Astralkörper zu präsentieren, was dann in einem Stagedive gipfelt. Genial ist dann auch der Kollege, der mittendrin auf die Bühne kommt, um mit seiner Mundharmonika mitzujammen. Nennen wir ihn mal G. Bläse und als ich ihn nach dem Gig anspreche, ob auch er ein Travelling Bastard ist, muss er verneinen und erzählt, dass er „nur mal so“ mit auf die Bühne gekommen ist. Geile Sache und passt zum Spirit des Abends!
Zu den Songs muss man nicht viel sagen: Klassiker, Hymnen, Lieder für die Ewigkeit…nicht ein Song von heute ist kein unsterblicher Klassiker und auch die Songs der neusten CD „Never mind the Bastards…here′s Mr. Irish Bollocks“ kommen live viel bastardiserter rüber, als auf CD, wenngleich trotzdem klar wird, dass das eigene Material besser ist, als die Songs der SEX PISTOLS! The Irish Bastard hängt bei den SEX PISTOLS-Tracks dann auch mal seine Klampfe an die Seite und kann sich ganz als Frontmann austoben, wobei er eine gute Figur macht, was bei sonst ständig mit Gitarre bewaffneten Frontmännern nicht immer selbstverständlich ist. Aufgrund der wirklich kleinen Bühne trollen sich entweder Boeuf Strongenuff (Bass), Gran E. Smith (Banjo) oder Moe Leicester (Gitarre) auf das Drumpodest von Ivo K′Nivo, auch um Raum zu schaffen, die Stagediver abfliegen zu lassen. Was die Band theoretisch braucht, ist ein würdiges Live-Zeugnis in Form einer formidablen Live-CD oder DVD, wenn ihr mich fragt. Aber bis dahin kann man jedem raten, einen oder dreiundzwanzig Gigs der Band zu besuchen, um zu verstehen, worum es geht.
Das EXIL ist auch der beste Club, in dem ich MR. IRISH BASTARD je gesehen habe, denn rückblickend sind die Gigs im halbleeren Musikzentrum in Hannover zwar gut, aber lange nicht so intensiv gewesen, wie hier. Und außerdem ist das EXIL ja der quasi-Nachfolger der legendären Outpost, in der wir einen Großteil der Wochenenden unserer späten Jugend verbracht haben und ich muss sagen, dass ich mich schon ein wenig in das EXIL verliebt habe. Einziger Nachteil ist, dass es im Laufe des Gigs wirklich heiß wird und der Sauerstoff zur Neige geht, was den einen oder anderen dazu zwingt mal nach draußen zu gehen. Aber sonst? Beide Daumen hoch!
Wir bedanken uns heute ganz besonders bei Boeuff und Ivo (danke für den zweiten Stick, jetzt kann ich endlich Schlagzeug spielen lernen), bei Jan und dem Exil. (chris)