LIVEBERICHT

EDEN WEINT IM GRAB + WISBORG :: Eine famose Kombination

Livebericht vom 08.02.2020 im Der Cult in Nürnberg
(Text & Bilder von Stefan)

Seit vielen Jahren steht der Name EDEN WEINT IM GRAB für kreativen Dark Metal der Extraklasse. Zuletzt hat EWIG das Album „Tragikomödien aus dem Mordarchiv“ (-> Review lesen) veröffentlicht. Kürzlich absolvierte die Band eine Deutschlandtour, die 9 Städte umfasste. Als Vorgruppe war WISBORG dabei. WISBORG spielt klassischen Gothic Rock. Ich hatte das Glück, den Tourabschluss in Nürnberg zu erleben.

Als ich den Club „Der Cult“ gegen 19.30 Uhr erreiche, sind seine Pforten schon geöffnet. Im Inneren des Clubs wird mir schnell klar, dass dies eine schöne Location ist. Besonderer Bonus: Dank der vielen bequemen Sitzgelegenheiten wird eine gemütliche Wohnzimmeratmosphäre gezaubert. Trotz des verführerischen Gemütlichkeitszaubers schaffe ich es, mich um 20 Uhr vom Sofa zu erheben, denn die dreiköpfige Band WISBORG betritt die Bühne.

 


Im Kern besteht WISBORG aus dem Duo Konstantin Michaely (Gesang, Gitarre) und Nikolas Eckstein (Gitarre, Elektronik). Früher hat WISBORG bei Liveauftritten einen Drumcomputer verwendet. Bei dieser Tour kommt erstmals ein Schlagzeuger aus Fleisch und Blut zum Einsatz. Da ich vor allem handgemachte Musik mag, begrüße ich diese Veränderung sehr.

WISBORGs Werk besteht aus zwei Alben: „The Tragedy Of Seconds Gone“ (-> Review lesen) und „From The Cradle To The Coffin“ (-> Review lesen). Beide Alben werden heute Abend zu gleichen Teilen berücksichtigt. Die Setlist überzeugt mich, alle meine Lieblingslieder werden gespielt. Das war nicht unbedingt zu erwarten, denn es sind einige Lieder, die ich sehr wertschätze. Zum Beispiel „In The Haze Of A Drunken Hour“, „Winter Falls“ und „The Reaping“.

Dass die Band „The Reaping“ ins Programm genommen hat, verdient besonderen Respekt, denn der Song hat eine komplexe Struktur und ist recht lang. Nur wenige Vorgruppen trauen sich, derartige Lieder zu spielen. Epische Songs fallen zumeist dem knappen Zeitbudget zum Opfer. Schön, dass sich WISBORG dieser Unsitte verweigert.

Als vorletztes Lied kommt „Spirits That I Called“ zum Einsatz. Für mich ist das der beste WISBORG-Song. Hier wird eine besonders packende Stimmung gezaubert. Alles klingt sehr melodisch, druckvoll und melodramatisch – einfach großartig! Zum Abschluss wird das treibende „Becoming Caligari“ präsentiert. Auch dieser Song ist ein echter Knaller. Das Publikum zeigt sich von beiden Songs sehr begeistert. Die Stimmung war schon zuvor gut, aber jetzt kommt richtig Leben in die Bude. Als die Band nach etwa 50 Minuten ihren Auftritt beendet, gibt es zu Recht viel Applaus.

Die Tonqualität war während des gesamten Konzerts bestens, die wunderschöne Musik kam perfekt zur Geltung. Eckstein und Michaely agierten quirlig. Michaelys Verhalten kann man als theatralisch bezeichnen. Zudem war der Sänger sehr kommunikativ: Zwischen den Liedern sprach er viel mit dem Publikum. Auch live zeigte sich, dass Michaely eine tolle Stimme hat. Sie ist nicht nur tief und sonor, auch in emotionaler Hinsicht ist sie sehr ausdrucksstark. Fazit: WISBORGs Auftritt war zweifellos ein gelungenes Warmup für das EWIG-Konzert.

 


Um 21.10 Uhr ist es soweit: EWIG betritt die Bühne – und es geht gleich ordentlich zur Sache: Zunächst knallt „Der Meysterdetektiv“ aus den Boxen, dann „Lazarus und die Tücken der Einsamkeit“. Beide Lieder gehen nahtlos ineinander über. Erst nach diesem herrlich brachialen Doppelschlag hält die Band kurz inne und Sänger Sascha Blach spricht einige partysteigernde Begrüßungsworte. Es dauert nicht lange und es wird wundervoll schroff weitergerumpelt, denn „An die Nacht“ wird in den Raum gewuchtet.

Danach kommt eines meiner absoluten EWIG-Lieblingslieder zum Einsatz. Blach kündigt es mit der Frage an, ob in Nürnberg jemals Bergbau betrieben wurde. Die Frage kann niemand beantworten. Egal. Viel wichtiger ist: Die Leute wissen, dass das Lied „Der ewige Bergmann“ ein echter Kracher ist! Folglich erreicht die Partystimmung bei diesem Hammersong ihren bisherigen Höhepunkt.

Danach geht es Schlag auf Schlag, ein Knaller folgt auf den nächsten. Als besonders packend nehme ich das tonnenschwer rockende „Der Exitus der Schlangen“ wahr. In eine ähnliche Kerbe schlägt „Die Jenseitsflugmaschine“ – ein weiterer Song, der eine gewaltige Energie in den Raum katapultiert. Mitunter wird der Druck im Kessel etwas gedrosselt, etwa bei „Ein Requiem in Sepia“ oder „Tango Mortis“. Für mich ist das kein Problem, auch die ruhigeren Lieder gefallen mir gut, obwohl mich die rauen „Mit-dem-Kopf-durch-die-Sargwand-Lieder“ noch mehr begeistern.

Blach ist gesprächig, zumeist stimmt er das Publikum mit ein paar launigen Sätzen auf das nächste Lied ein. Während des gesamten Konzerts agiert Blach sehr lässig. Dass er das Publikum so locker und unaufgeregt durch das faszinierende EWIG-Universum führt, empfinde ich als sympathisch. Das wirkt souverän und authentisch. Schön, dass es auch derart gut geerdete Menschen gibt. Geistlose Wichtigtuer gibt es schon genug.

Dann ist es leider soweit: Blach kündigt das letzte Lied des regulären Sets an. Passenderweise wird „Letztes Morgenrot“ gespielt. Tatsächlich eignet sich der Song bestens dafür, den vorläufigen Schlusspunkt des Konzerts symbolisch zu unterstreichen. Davon abgesehen, ist dies einfach ein toller Song. Wie sich die Dramatik langsam aber sicher steigert, ist wirklich sehr beeindruckend. Auch bei diesem Lied zeigt sich: EWIG klingt live noch viel besser als auf CD!

Um 22.20 Uhr verlässt die Band die Bühne. EWIG erhält viel Applaus, das Publikum ist begeistert. Es herrscht Jubel, Trubel, Heiterkeit. Zugabe- und EWIG-Rufe ertönen. Und es dauert nicht lange, bis die Band für eine großzügige Zugabe auf die Bühne zurückkehrt. Der Nachschlag dauert fast eine halbe Stunde. Gestartet wird mit „TraumTod“, dann folgt „Bon Voyage (Ein sonderbares Begräbnis)“. Die beiden ersten Songs des Albums „Na(c)htodreise“ sind auch live eine Wucht. Die Zugabe endet mit dem herrlich dynamisch klingenden „Krieg im Wunderland“.

Als EWIG endgültig die Bühne verlässt, gibt es erneut viel Applaus. Das Publikum wirkt sehr beseelt. Auch ich bin begeistert, denn das Konzert war wirklich wundervoll. Jedes Lied hat mir gefallen. Die Songauswahl war auch deshalb perfekt, weil alle Schaffensperioden der Band berücksichtigt wurden. Erstaunlich, wie viele faszinierende EWIG-Lieder es inzwischen gibt.


Dies war mein drittes EWIG-Konzert. Zuvor habe ich die Band zweimal beim WGT erlebt. Die beiden WGT-Konzerte waren klasse, aber der heutige Auftritt hat mir noch besser gefallen. Das lag sicher auch daran, dass die Soundqualität sehr gut war und dass die fünfköpfige Band voller Spielfreude agierte. Aber sogar bei diesem fulminanten Konzert gab es einen Wermutstropfen, denn das Bandmitglied Kathrin Bierhalter war nicht mit von der Partie. Während des Konzerts wies Blach darauf hin, dass die Geigerin aus „privaten Gründen“ auf ihren Auftritt verzichten musste.

Zu erwähnen bleibt, dass das Spiel des Cellisten Markus Freitag besonders eindringlich war. Dies tröstete mich zumindest etwas über den Ausfall Bierhalters hinweg. Im EWIG-Kosmos haben die beiden Streichinstrumente meines Erachtens eine sehr wichtige Bedeutung. Sie sind quasi das Salz in der Suppe. Für die Unverwechselbarkeit des EWIG-Sounds sind sie einfach unverzichtbar.

Knapp 100 Leute waren bei dieser famosen Düsterparty dabei. Immer wieder erstaunlich, dass sich nur relativ wenige Menschen von einem derart faszinierenden Musikangebot anlocken lassen. Für mich war diese Zweierkombination einfach perfekt, denn EWIG und WISBORG repräsentieren genau die beiden Musikstile, die ich am meisten wertschätze. Daher: Gratulation! Beide Bands zusammen auf eine Tour zu schicken, war wirklich eine tolle Idee! (stefan)