INTERVIEW

DxBxSx :: Anquatschen mit Stil


DxBxSx haben es geschafft und sich mit den beiden Alben „Zugriff“ und „Ihr! Alle! Immer!“ in mein Herz gespielt. Da lag es doch nahe, den Drei Berliner Strolchen mit einigen Fragen auf die Nüsse zu gehen. Aber keine Angst, es ist nochmal gut gegangen und Angel und Timo haben sich die elendige Wartezeit auf die Lieferung aus dem Presswerk mit langweilige-Fragen-beantworten vertrieben… (chris)

(Die Fotos wurden uns freundlicher Weise von Timo zur Verfügung gestellt!)

Webseite: www.dxbxsx.de


Glückwunsch zum neuen Album! Seid ihr zufrieden damit oder habt ihr noch nicht den nötigen Abstand zu euren neuen Songs?
Timo: Noch haben wir es ja gar nicht in der Hand. Tape is‘ ’ne feine Sache, aber erst wenn ich das Vinyl in der Hand habe, kann ich wirklich anfangen über das Album nachzudenken…

Angel: Musikalisch können wir durchaus zufrieden sein. Die Zusammenarbeit mit Alexander Ott im „Paul Lincke Studio“ war sehr konzentriert und der anvisierte Zeitrahmen war ausreichend. Beim Mix haben wir auf Bewährtes gesetzt und wie beim letzten Mal Charlie Paschen von „BildundTonStudios“ und für das Mastering Dennis Kern vom „Studio Wong“ in die Spur geschickt. Erscheinen wird das ganze wieder bei „Elektrohasch Schallplatten“, nicht zuletzt weil kein anderes Label den Mist haben wollte. Auch das Coverartwork (Jens Freudenberg) haben wir im Gegensatz zur „Zugriff“-Scheibe diesmal relativ entspannt über die Bühne gebracht und gleich mit einem Videodreh (rotorfilm) verbunden. (Hier gibt es „It’s so Berghain“)  Man darf gespannt sein! An der Stelle noch mal ’n fettes Danke an alle Beteiligten!
Endgültige Zufriedenheit stellt sich wohl auch erst ein, wenn wir die Scheibe in den Händen halten!

 

Ich habe bei dem Tape das Gefühl, dass es eine der wärmsten Produktionen ist, die ich seit langem hören durfte. Wie wurde das Album aufgenommen? Analog? Oder liegt es am „Tape“-Format?
Timo: Also Kassette hat bestimmt auch einen Anteil daran, aber das Album klingt einfach so. Ich bin enorm zufrieden mit dem Sound. Wir haben im Paul Lincke Studio (www.pls.de) in Kreuzberg aufgenommen. Das ist ein alter Luftschutzbunker, den sich in den 80er Jahren mal Extrabreit als Proberaum ausgebaut haben … Jetzt hat Alexander Ott da ein Studio reingebaut, und der Raum an sich klingt schon geil. Aufgenommen ist Digital und gemischt sogar auch. Für den Mix ist wieder Charlie Paschen von COOGANS BLUFF verantwortlich – und der weiß einfach wie wir klingen wollen. Wie alles von ihm Gemixte ist es wieder ein super Sound geworden.

 

Musikalisch bietet ihr die von euch gewohnte Stoner-Punk-Qualität, aber auch punkige Ausflüge („120 Ruhepuls“) oder monstermäßige 70er-Orgeln („Liebesgrüße nach Neukölln“) tauchen auf. Ich denke, ihr habt euren eigenen Stil gefunden und verfeinert…mit wem würdet ihr euch am liebsten vergleichen?
Timo: Die Killerfrage. Ich will jetzt auch nicht abgehoben klingen, aber ich denke wir wollen einfach klingen wie Wir.

Angel: Die Vergleiche überlasse ich gern Anderen.

 

Was ist Bemerkenswertes nach der Veröffentlichung vom „Zugriff“-Meilenstein geschehen? Seid ihr rückblickend zufrieden mit dem Echo?
Angel: Bemerkenswert fand ich feststellen zu müssen, wie weit Wunsch und Wirklichkeit auseinanderklaffen können. Nach etlichen Jahren eigener Tourplanungsrödelei und dem Abklappern der immer gleichen Adressen, entschieden wir uns für die Zusammenarbeit mit einer Booking-Agentur. Das stellte sich als absoluter Flop heraus. Die geplante Tour zur Platte musste Timo dann auf den letzten Drücker zu 90% selbst zusammen buchen. Keine schöne Erfahrung! Aber wir suchen immer noch! Jemand Bock?
Die Reaktionen der Leute auf die Scheibe war zum Glück mehrheitlich positiv.
Mehr als ein Publikum, welches die Texte zum Teil besser kann als ich und sie auch mitgröhlt, kann sich Mucker doch nicht wünschen.
Rührend find ich auch, welch‘ durchaus persönliche Geschichten Menschen im Zusammenhang mit dem Hörerlebnis von „Zugriff“ erzählen. Wenn Töchter mit DxBxSx-Shirt eingeschult werden und Kleinkinder beim Schleudergang auf der Waschmaschine sitzend „Ihr habt die falsche Tür“ singen, haben wir wohl alles richtig gemacht oder?

Timo: Es gibt textsicheres Publikum in ganz Deutschland! Das ist, was mir als erstes einfällt – und das heißt natürlich, dass die Leute, die zu unseren Konzerten kommen, uns kennen… Also quasi nich‘ mehr ganz Hartz4, aber natürlich noch lange nich‘ Superstar.

 

Ich habe den Eindruck, dass Angel auf der neuen Platte etwas angepisster singt und die Texte wütender und vielleicht auch ernster sind. Habe ich eine Wahrnehmungsstörung oder ist da was dran?
Angel: An meinem Wut-, und Angepisstheitslevel hat sich im Vergleich zu „Zugriff“ eigentlich nicht viel verändert. Da geht zwar noch mehr, ich müsste mir dann wohl die „Gewaltfrage“ neu stellen und die Mucke wär‘ wohl auch eine andere!!!

Timo: Ich denke die Platte ist abwechslungsreicher, und die Texte reichen ja von „Tick Tick Tick“, der sicherlich angepisst ist, bis zu „Action Monika“, den man ja nun nicht zu Ernst nehmen sollte…

 

Wer ist „Action Monika“? Eine reale Person oder das Sammelbecken für alle Leute, die einen schräg anquatschen?
Timo: Natürlich beides. Anhand einer realen Person ein Klischee zeichnen… und einfach auch mal ’n Quatschlied machen.

Angel: Moni ist tatsächlich eine reale Person, der Text handelt eins zu eins von einem Gigerlebnis in Osnabrück. Hab ja schon einiges erlebt an Sprüchen vor der Bühnenkante, aber „Kennt ihr „Wild Thing“? Könnt Ihr das spielen?“… das war schon skurril. Auch weil die restlichen Umstände nicht die Gewohnten waren. So etwas geschieht, wenn die Agentur einen auf’n Mittwoch auf eine Sessionbühne bucht! Herzlichen Dank für die Inspiration!
Aber jetzt, wo ich drüber nach denke, könnte Moni auch ein Beispiel besagten Sammelbeckens sein.

 

A propros anquatschen: dürfen wir Angel demnächst mal auf ′nem Gig anquatschen und ′n Bierchen trinken oder ist er immer so drauf wie in „Die Fahrt wird lustig“?
Angel: Versuch es doch mal! Das wird lustig! Nein im Ernst, is‘ ja nich‘ so, das ich 24 Stunden genervt bin. Vielleicht 12 davon, ha ha.
Am Besten, du versuchst es vorm Gig, während des Gigs, wenn ich nach mehr Stoff verlange oder danach, wenn ich die Backline abbaue…
Du musst nur ein wenig Geduld haben, meine Freundin und ich haben 10 Jahre gebraucht um zusammen zu kommen!

Timo: Du darfst immer, Chris! Und wie der Text ja auch suggeriert – es kommt halt auch immer drauf an wer einen wie anquatscht im Leben.

 

Angel lenkt die Aufmerksamkeit durch seine Texte gerne mal auf die Außenseiter, die er beobachtet, hält seine Texte aber eher neutral. Ist er der Johnny Cash der Stoner-Punk-Szene?
Angel: Ich muss an der Stelle gestehen, dass nur ein Bruchteil der Texte aus meiner Feder stammen. Welche das sind, lass ich mal offen, können wir ja ’n Gewinnspiel draus machen. Aber wo du es erwähnst, Timo und ich könnten durchaus die Cash-Brüder des Stoner-Punk sein. Und außerdem ist die Stoner-Punk-Szene dafür bekannt, das Sprachrohr der Außenseiter zu sein. Die Außenseiter-Lobby so zu sagen.

Timo: Wir teilen uns ja die Arbeit an den Texten – der Rand der Gesellschaft wird auch immer breiter, da ist man schneller Außenseiter als man denkt…

 

Habe ich bisher an DxBxSx gedacht, habe ich an Berliner Raucherkneipen, Bier, Schweiß und Stoner-Punk gedacht. Aber in „Keine halben Sachen“ werden ja nun Anlehnungen an Schiller enthüllt! Lest ihr heimlich Bücher? Muss die Geschichte des Stoner-Punks neu geschrieben werden? Wer von euch schreibt das Band-Poesiealbum? Steht DxBxSx in Wirklichkeit für „Drei belesene Schlaumeier“?
Timo: Ehrlich gesagt trifft man nachts in Kneipen ja auch nicht unbedingt Dummköpfe, da ist in der Raucherkneipe des Vertrauens ja auch mal eher die gediegenen Mischung aus gescheiterten Dichtern, Musikern und so am Start…

 

Was hat euch geritten, vorab die Scheibe als Kassette zu veröffentlichen, während die CD und das Vinyl noch nicht mal im Presswerk sind?
Timo: Die Lust an der Laune. Die Tatsache, dass es geht. Und weil das Layout noch verbraten werden musste. CD und Vinyl haben ja ein anderes Cover.

Angel: Es stand ein Berlin-Gig an. Da muss doch immer was Besonderes her!

Bekommen die verschiedenen Medien verschiedene Mixe/Mastering oder klingt alles gleich geil auf allen Formaten (Achtung: Technik-Frage)?
Timo: Die Vinyl hat ein anderes Master als Tape, Cd und Download. Das hatte aber rein technische Gründe die mir eigentlich auch schon wieder zu viel waren – und deswegen haben wir das natürlich Leuten überlassen die das können. Geil klingen werden alle Formate!

 

Folgt eine richtige Tour oder werdet ihr wieder mit Wochenend-Reisen die Musik in die Herzen der Menschen tragen?
Angel: Dank Timo wird es eine kleine, aber feine Tour im März geben. Achtet auf Ankündigungen! Die üblichen Wochenend-Reisen wird es natürlich auch wieder geben und hoffentlich auch ein paar Festivalbesuche.

Timo: Im März gibt es eine kleine Tour – und dann wird es wohl eher über die Wochenenden weitergehen…

09.03.2013 Lübeck, VEB w/ Beissert
22.03.2013 Innsbruck, P.M.K. w/ Safi
23.03.2013 Zweibrücken, Gasthof Sutter
24.03.2013 Solingen, Waldmeister
25.03.2013 Osnabrück, Trash
26.03.2013 Hannover, Monster Records ! EARLY SHOW 18:00 !
27.03.2013 Hamburg, Grüner Jäger w/ Chäirwalk
28.03.2013 Berlin, Jägerklause w/ COR
29.03.2013 Eberswalde, Exil w/ COR
30.03.2013 Netzschkau, Borwaerk
31.03.2013 Erfurt, AJZ w/ COR
12.04.2013 Halle, GIG w/ Ben Racken
09.05.2013 Hamburg, Hafengeburtstag Jolly Roger Bühne
24.05.2013 Grimma, Crossover Festival
10.08.2013 Luckenwalde, Sky Way Jam
17.08.2013 Hohenlobbesse, Freygang Open Air

Da kommen sicherlich / hoffentlich noch Daten dazu – also immer mal auf unserer Seite nachschauen: www.dxbxsx.de

 

Berlin ist wahrscheinlich die deutsche In-Stadt, der heiße Scheiß und voll im Trend der Yuppies, Kreativen und einfach Aller. Beschreibt mal EUER Berlin, was liebt ihr an der Stadt, was hasst ihr?
Angel: Mein Berlin wird immer kleiner und teurer und sauberer und ruhiger. Meine Nachbarn immer reicher und immer schnöseliger und immer schlauer. Ich könnt kotzen!!!

Timo: Da schreiben wir ja ständig Texte drüber – am Ende geht es doch immer nur um Berlin, haha. Klar gibt es eine Menge Kreativer in Berlin, und auch ein tolles Kulturangebot, dafür kaum Jobs, mit denen man soviel Geld verdient, dass man sich die Kultur auch leisten kann. Man muss einfach immer mal irgendwo hinfahren wo es noch schlimmer ist (wie z.B. Hamburg), um Berlin wieder schön zu finden. Das Problem ist leider, dass Berlin irgendwann wie Hamburg oder New York oder London sein wird – und dann ist da kein Platz mehr für mich…

 

Wovon träumt man noch, wenn man in einer so geilen Band spielt?
Timo: Davon, so eine geile Frage gestellt zu bekommen!