LIVEBERICHT

HENKE + COMA DIVINE :: Oswald Henke in Bestform

HENKE + COMA DIVINE am Sa. 07.04. 2012 im ENGEL 07 in HANNOVER
(Pictures by Caro / Words by Michi)

www.oswald-henke.de
www.coma-divine.com
www.engel-07.de

Das Ziel des heutigen Tages ist der kleine Club „Engel 07“, eine der letzten Überbleibsel der ursprünglich mal recht gut organisierten Hannoverschen Schwarzen Szene. Diese Lokation ist mir selber noch neu, schließlich finden dort auch nicht sonderlich viele Livekonzerte statt. Heute aber spielen dort HENKE, also Oswald Henkes Band nach GOETHES ERBEN, zusammen mit COMA DIVINE ein Konzert, welches zu einer auf vier Termine ausgelegten Konzertreihe gehört, bei der beide Bands als gleichwertige Partner gelten. Ganz so sehe ich das persönlich natürlich nicht, da Oswald Henke, der wohl einer der bekanntesten Vertreter des deutschen Gothic ist, doch aufgrund seiner langjährigen Historie etwas mehr Ehre gebührt auch wenn Sonja Kraushofer mit L’AME IMMORTELLE auch keine Unbekannte ist.

Die kleine Lokation des „Engel 07“ lässt sich eher als kleiner dunkler Keller bezeichnen, und da ist es auch nicht verwunderlich, dass der Laden bereits frühzeitig sehr gut gefüllt ist. So haben es die Rowdys nicht grad leicht, das Equipment durch die Menge auf die Bühne zu schleppen, um alles für den anstehenden Auftritt für COMA DIVINE vorzubereiten. Kurz vor 21 Uhr ist es dann aber soweit, die 5-Köpfige Livebesetzung der Band um Sängerin Sonja Kraushofer und dem Gitarristen Ashley Dayour von WHISPERS IN THE SHADOW nehmen ihre Positionen ein und lassen ihren Sound aus Gothic und Rock erklingen. Absolut dominant ist natürlich das voluminöse Organ der Sängerin, die ein ums andere Mal die Zuschauer unter ihrer Stimmgewalt erbeben lässt. Mich entzückt das nicht grade, aber an den Reaktionen merkt man, dass unter den Zuschauern schon viele Freunde von COMA DIVINE zu finden sind. Hauptsächlich gibt es natürlich die Songs vom im vergangenen Jahr erschienenen Debütalbum „Dead End Circle“ zu hören. „Rotten World“, „Secret Lover“ oder „About A Girl“ heißen die Stücke, die mal mystisch und geheimnisvoll oder auch sehr rockig und kraftvoll die Zuschauer beschallen. Alles gut gemacht und vor allem auch optisch und energisch hervorragend von den Akteuren umgesetzt, allerdings habe ich ab gut der Hälfte des 60 Minuten langen Auftritts genug von den akustischen Salven aus Sonjas Hals. So bin ich dann auch froh, als mit „Dead End“ der Auftritt ein etwas zu lautstarkes Ende nimmt und sich COMA DIVINE ihren verdienten Applaus abholen.

Die Umbauphase danach geht zügig vonstatten, trotz aller Enge, die inzwischen natürlich noch andere Maßstäbe angenommen hat, da nun der Auftritt von HENKE kurz bevorsteht. Die Situation im „Engel 07“ ist nun inzwischen ziemlich heikel, sofern man das Konzert nicht nur hören, sondern auch sehen möchte, da sich das meiste des Geschehens nicht auf, sondern vor der kleinen Bühne abspielt. Glücklicherweise setzen sich etwa die Hälfte der Besucher brav auf dem Boden und geben so den andern, weiter hinten stehenden Zuschauern, auch eine Chance, dem Treiben von HENKE zu folgen. So ist auch sofort eine gespannte Aufmerksamkeit zu spüren, als Oswald Henke und seine Mitstreiter beginnen ihr Konzert zu geben. Es sind zu Beginn Lieder wie „Wer mich liebt“ oder „Das“, die alle Anwesenden sofort in den Bann des Herrn Henke ziehen. Energisch, wie in jungen Jahren, schafft er es im Handumdrehen, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Immer wieder wird das Publikum mit einbezogen, und sei es nur, dass bei dem neuen Stück „Orangenschiffchen“ eben jene Obststückchen in den ersten Reihen des Saals verteilt werden, und natürlich alles bei orangem Scheinwerferlicht optischen geschmackvoll beleuchtet. Ebenfalls von der neuen EP „Herz“ ist das Stück „Helden“, eine HENKE Version des David Bowie Klassikers „Heros“, bei dem Sonja Kraushofer zusammen mit Oswald ein wundervolles Duett singt, was auch optisch natürlich die Show bereichert. Oswald Henke wäre natürlich nicht er selbst, wenn seine Show nicht auch ein wenig vom Wahnsinn geprägt wäre. Und so kleidet ihn auf einmal ein langes weißes Nachthemd und in diesem trägt er passende Werke wie „Rote Irrlichter“ vor, bei dem er seiner manischen Ader freien Lauf lässt, wie zu besten GOETHES ERBEN Zeiten. Dass der gute „Onkel Henke“ natürlich nur so vor Wordgewandtheit strotzt, ist ja jedem bekannt, aber als ein kleines Mädchen, das beim Konzert anwesend ist, ihn fast aus der Reserve lockt, belustigt das alle Anwesenden. Sympathisch wie der Märchenerzähler nun mal ist möchte er ihr auch am liebsten den Mund mit einer Atombombe verbieten, was der perfekte Übergang zum STILL SILENT Cover „Nichts bleibt wie es war“ ist, das schön kraftvoll die Masse in freudige Erregung treibt. Natürlich darf auch „Himmelgrau“ nicht fehlen, wenn denn schon mal die lauteren Klänge angestimmt sind. Einige Lieder später, von denen auch einige Neue vom kommenden Album „Maskenball der Nackten“ vertreten sind, ist dann auch schon die Zeit zum Zugabe-Rufen erreicht. Diesen Wunsch kommen HENKE natürlich auch nach und bieten noch weitere vier Songs, mit dem krönenden und schlussendlichen Ende „Weil ich es kann“.

Knapp 2 Stunden Konzert vom Altmeister Oswald Henke, damit kann man überaus zufrieden sein. Vor allem weil er sich in einer großartigen Form präsentiert hat und an die besten Zeiten der GOETHES ERBEN Zeiten locker anknüpft. Inzwischen nicht mehr in den thematischen Ketten seiner alten Band gefangen, kann man HENKE extrem authentisch, angenehm ironisch und auch äußerst sympathisch erleben. Das sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen, sofern man die Kunst dieses hervorragenden Musikers zu schätzen weiß. Die Lokation war für diesen Anlass grad noch so zweckmäßig. Wer sich nicht einen guten Platz erkämpft hat oder 2m groß ist, konnte das Pech haben diese großartige Vorstellung nur zu hören und hat somit 50 Prozent des Gesamtkunstwerkes verpasst. Auch die Tatsache, dass im zweiten Floor der Lokalität schon viel zu früh versucht wurde Disko zu machen, was extrem störend war, ließ keine große Professionalität erahnen. Aber am Ende siegte die Vernunft und so bleibt insgesamt ein schöner Abend mit toller Musik und einem sensationellen Oswald Henke! (michi)