LIVEBERICHT

5. AUTUMN MOON FESTIVAL :: Ein Wiedersehen mit den alten Helden

5. AUTUMN MOON FESTIVAL in Hameln vom 18.10. – 19.10.2019

mit Project Pitchfork, Heilung, Alcest, Lord Of The Lost, Unzucht, Goethes Erben, Das Ich, Pink Turns Blue, Rome, Coma Alliance, Nachtmahr usw.

 

Zum fünften Male findet inzwischen das AUTUMN MOON Festival in Hameln statt. Ein Festival das über 4 Bühnen verteilt und in Verbindung mit einem frei zugänglichen Outdoor Mystic Halloween Market am Weserufer veranstaltet wird. Als Konzertstätten dienen die Rattenfängerhalle, die Sumpfblume, ein Zelt und sogar ein Konzertschiff. Dieses sehr entspannte Ambiente und die innerhalb sehr kurzer Gehzeiten zu erreichenden Lokations machen dieses Event zu einer Pflichtveranstaltung. Natürlich ist auch die Bandzusammenstellung immer wieder eine sehr kreative bunte Mischung aus Elektroakts, Metal- oder Gothicbands bis hin zu Mittelaltercombos reizvoll weil für viele Geschmäcker etwas geboten wird.

FREITAG

Die vergangenen Jahre war das Wetter immer gnädig mit diesem Festival. Doch pünktlich zu Eröffnung gibt es dieses Mal einen mächtigen Schauer, doch der ist nur von kurzer Dauer, sodass vor allem dem Geschehen auf dem schönen Außengelände mit seinem Mystic Market nichts im Wege steht.

Die erste Band von der berichtet werden kann ist UNZUCHT, die in der Region viele Anhänger hat und so ist es auch nicht verwunderlich dass die Rattenfängerhalle bei deren Auftritt schon sehr gut gefüllt ist. In gewohnter Souveränität schafft es die Band um Daniel Schulz mit ihrem mal melodischen, mal rasanten Klängen schnell die Massen an sich zu ziehen. Den einen Moment wird kollektiv mit den Armen gewunken im nächsten kann man Headbangen und sich den aggressiven Gitarrenriffs hingeben. „Ein Wort fliegt wie ein Stein“ oder „Der letzte Tanz“ sind Stücke welche richtig gut ankommen und die Band mit dem Publikum verschmelzen lassen.

Das nächste Ziel ist ein kurzer Besuch bei der Moon Stage, hier sind gerade MICROCLOCKS zugange. Der Gothic Rock dieser Band kann aber nicht lange begeistern und so steht ein Spaziergang über den auch dieses Jahr sehr liebevoll gestalteten Mystic Market und entlang am Weserufer zum Schiff in dem gerade PETER WOLFF seinen Auftritt beginnt. Noch nie zuvor von diesem Künstler gehört, trotzdem haben sich einige Besucher im Bauch des völlig abgedunkelten Schiffes angefunden. In toller Atmosphäre kann man hier Dark Ambient Klänge hören die der Einzelkünstler auf seinem Synthesizer und einer Gitarre erzeugt. Doch viel Zeit bleibt nicht für diese Filmmusik-reifen Sounds denn wichtig ist nun der Weg Richtung Sumpfblume.

Hier spielen jetzt ROME und die sind für den Verfasser das Highlight des heutigen Festivaltages. Beim Eintreffen findet noch der Soundcheck statt und dabei lässt es sich Jérôme Reuter nicht nehmen schon ein paar nette Wort mit den ersten Fans  zu wechseln. Beim Beginn vom Gig ist die Sumpfblume sehr gut gefüllt. Los geht es dem prägenden Sound aus filigranem Sounds von akustischer und elektrischer Gitarre, markantem Drums und natürlich der alle übertreffenden Stimme von Jérôme.

Neben diesen Songs gibt es auch immer wieder bombastisch initiierte Industrial Stücke, bei denen die akustische Gitarre von Jérôme einer Trommel weichen muss. Diese Stücke sind unglaublich intensiv und spiegeln die Wurzeln dieses Projektes wieder. Mit „Über alles“ ist auch ein solches Stück vom kommenden Album vertreten. Zum Ende hin kann ROME noch zwei Titel mehr spielen wie geplant und so findet der Auftritt mit „Swords to rust hearts to dust“ einen grandiosen Abschluss.

Nun führt der Weg zurück zur Rattenfängerhalle in der gerade COMA ALLIANCE begonnen haben. Hinter diesem Namen steht niemand geringeres als Adrian Hates von Diary Of Dreams und Torben Wendt von Diorama deren musikalische Wege sich schon öfters kreuzten und nun sogar mit einem gemeinsamen Album Früchte getragen hat. Die Stimmen der beiden Sänger sind natürlich einzeln schon genial und schaffen es gemeinsam zu einer unglaublichen Harmonie wie es beim Stück „Miracle“ perfekte Zelebrierung findet.

Die Musik funktioniert gut, kommt allerdings nicht so ganz an die Tragweite der Ursprungsbands heran. Trotzdem sind die vielen Zuschauer überaus angetan und feiern das Geschehen auf der Bühne.

Als Hauptact hätten an diesem Abend eigentlich die isländischen SOLSTAFIR spielen sollen, leider musste der Auftritt vor einigen Tagen abgesagt werden. Als Ersatz konnte man LORD OF THE LOST gewinnen, deren Auftritt aber meinerseits nicht besuchenswert ist.

SAMSTAG

Der Samstag ist weitaus besser besucht wie der Tag zuvor. Ich glaube sogar es gab keine Tickets mehr. Beim der Ankunft an der Rattenfängerhalle sind dort gerade NACHTMAHR zugange um ihren martialisch militärischen Electro Sound zu verbreiten. Die Halle ist proppen voll und zeigt das diese Musik jede Menge Anhänger hat.

  

Danach spielen DAS ICH und deren Auftritt wollen ebenfalls sehr viele Besucher sehen. Die Todeskünstler um Bruno Kramm und Stefan Ackermann haben die frühen 90er Jahre die Schwarze Szene geprägt wie kaum eine andere Band und das der Gig dann heute auch noch mit einem Klassiker die „Die Propheten“ beginnt ist sensationell.

Stefan ist agil im Vordergrund und permanent unterstreicht er seine Worte gestikulierend. Der Sound ist wuchtig und stampfend und bietet die passende dramatische Untermalung für das intensive Textgut. Es gibt zwischen den Stücken einige Soundproblemchen, aber die Spielen kaum eine Rolle. „Unschuld Erde“, „Kannibale“, „Gottes Tod“ oder „Destillat“ sind weitere einprägende Klassiker die diesen gelungenen Auftritt abrunden.

Draußen hat inzwischen Regen eingesetzt was für den Markt nicht so schön ist. Also schnell wieder rein um sich für den Auftritt von GOETHES ERBEN zu positionieren. Auch die Band um Ostwald Henke gehört zu den stilprägenden Gruppen der „Deutschen Todeskunst“ und ist heute genauso wie vor 30 Jahren noch immer zutiefst fesselnd. Der Auftritt von GOETHES ERBEN ist unglaublich an das aktuelle Weltgeschehen orientiert was die Intensität noch weiter anhebt. Gleich zu Beginn gibt es einen berechtigten Hitler / Höcke Vergleich welcher mit dem uralten Stück „Die Brut“ unterstrichen wird. Titel wie „Rot“, „Verstümmelung“ oder natürlich dem Stück aus allererster Stunde „Das Ende“ unterstreichend diese Stimmung unglaublich bedrückend. Als Betrachter und Hörer ist man wie gebannt und gefesselt in der Aura welche Oswald Henke zu erzeugen vermag.

Es gibt auch verträumte und fröhlich anmutende Titel wie „Der Eissturm“ oder „Vermißter Traum“ zu dem sehr schön anzuschauen eine Tänzerin optische Reizpunkte setzen kann. Alles in Allem ein toller Auftritt und die Erkenntnis das GOETHES ERBEN auch nach so langer Zeit immer noch so ergreifend, aufwühlend und schockierend sind.

Mit HEILUNG folgt nun ein Akt der in der letzten Zeit für sehr viel Aufmerksamkeit gesorgt hat und auch in Hameln unglaubliche Mengen an Menschen in die große Halle zieht. Schon 15 Minuten vor dem Beginn, musste der Einlass gesteuert werden. Das deutsch-dänisch-norwegische Projekt bringt Unmengen an Utensilien mit auf die Bühne. Die unzähligen mit Hirschgeweihen gekrönten Bandmitglieder versammeln sich zu Beginn im Kreis werden in einer heidnischen Zeremonie beweihräuchert.

 

Dann setzen unglaublich intensive Trommeln ein und Gesänge aus uralten Sprachen ziehen die Zuschauer wie in Trance in ihren Bann. Dabei ist der männliche Kehlkopfgesang als dunkles Grollen im totalen Kontrast zur weiblichen ätherischen Stimme. Zur Klangerzeugung wurden Knochen, Rasseln und weitere spirituell wirkende Dinge genutzt was ein sensationellen Gesamtbild ergibt.  Das was man zu hören und zu sehen bekommt ist kaum in Worte zu fassen, das muss man selber erlebt haben.

Zwischenzeitig kommt eine Heerschar an Speerkämpfer auf die Bühne die mit Wolfsgeheul zur restlichen Musik interagieren oder später einfach durch das Klopfen der Speere Rhythmusarbeit betreiben. Das heidnische Treiben ist zurecht zu dieser guten Zeit auf die Hauptbühne platziert worden, denn so was sieht man nicht alle Tage und die Zuschauermengen bleiben bis zum Ende gebannt.

Puh, danach kurz unter dem verregneten Himmel von Hameln etwas Luft holen um sich dann auf zu machen um mit PROJECT PITCHFORK zum dritten mal heute eine Reise in die guten alten 90er Jahre zu machen. 90 Minuten Spielzeit, mit einer opulenten Lichtshow und einer riesigen Projektorleinwand bieten für diese große Konzerthalle eine großartige Optik.

Der Auftritt ist eine Zeitreise durch die ewig lange Bandgeschichte. Alte Titel wie „Conjure“, „Antidote“, „KNKA“ reihen sich perfekt an neuere Stücke wie „Acid Ocean“; „One by One“, „Timekiller“ oder „Rain“. Das Stück „Existence“ wird extrem krachig zelebriert und zeigt mit welcher Kraft die Stücke funktionieren können. Peter Spilles ist spürbar gut drauf und bindet durch sympathische Ansagen die Menge. Die Spielzeit vergeht dabei wie im Fluge und wird letztendlich durch den Klassiker „Souls“ würdig beendet.

Die Berichterstattung endet an dieser Stelle. Zusammenfassend kann man dem Team vom Autumn Moon abermals gratulieren ein extrem entspanntes und sehr abwechslungsreiches Festival auf die Beine gestellt zu haben das sich immer größerer Beliebtheit erfreut. Durch die sehr bunte Genre-übergreifende Mischung an Stilrichtungen kann man immer wieder neue Bands kennenlernen und die völlig unterschiedlichen Atmosphären der vielen Spielorte sorgen zudem für einen hohen Grad an Abwechslung. Schon heute freue ich mich auf das nächste Jahr und bin schon jetzt gespannt welche Musiker man für dieses Festival gewinnen kann. Eine echte Alternative zu den klassischen Festivals!

Text: Michi Fotos: Caro