Wenige Tage vor dem Konzert erreichte mich die Nachricht, dass das Underground in Köln Mitte September seine Tore schließen wird. Seit 10 Jahren hörte ich diese Gerüchte bereits, aber diesmal ist aus dem Gerücht traurige Gewissheit geworden. Das Gebäude muss einer Schule weichen. Das Underground hätte im Januar 2018 sein 30-jähriges Jubiläum gefeiert, doch die Stadt gewährte nur einen Aufschub bis Mitte September.
Auf Grund dieser Umstände ist das heutige Crowbar Konzert das letzte Metalkonzert in diesem für Köln geschichtsträchtigen Rockschuppen. Mit einer riesen Vorfreude und natürlich auch Wehmut im Gepäck wartete also der letzte Metalabend bei sommerlichen Temperaturen auf die Kölner Besucher.
Kurz vor 20 Uhr stand NERVOSA, als erste Band des heutigen Abends auf der Bühne. Die 3-köpfige Band aus Sao Paulo ist eine reine Frauenband und hat bereits zwei Alben im Schlepptau. Ihre eigene Version von rumpelig groovigem Thrash Metal mit Crossover Anleihen konnte die anwesenden Besucher zügig in ihren Bann ziehen. Natürlich war da auch etwas Faszination mit im Spiel, denn wann sieht man schon eine reine Frauenband auf einem Metalkonzert zocken? Sängerin Fernanda überzeugte indes mit einer sehr rotzigen Stimme, die perfekt zur Musik passte. Songs wie „Into Moshpit“, „Intolerance Means War“ oder das überzeugende „Hostages“ heizte dem Kölner Publikum ordentlich ein. Musikalisch war die Mixtur von NERVOSA mit der Zeit allerdings sehr eingängig, wusste live dennoch zu überzeugen. Die Band erntete im Verlaufe ihres Auftritts immer mehr Applaus und konnte nach knappen 30 Minuten zufrieden die Bühne verlassen.
Nach einer kurzen Umbaupause eroberten NIGHT DEMON aus Kalifornien die Bühne. Im Publikum standen viele Zuschauer mit Night Demon Shirts, sodass davon ausgegangen werden konnte, dass ein Großteil der Besucher nicht nur wegen Crowbar den Weg nach Köln Ehrenfeld gefunden hat. NIGHT DEMON sind mit ihrer aktuellen Scheibe „Darkness Remains“ diesen Sommer zum zweiten Mal in Europa unterwegs und tourt sich im Allgemeinen den Arsch auf der ganzen Welt ab. Die Band macht Halt auf großen Festivals wie dem Rock Hard, Summer Breeze oder Keep It True, zocken drum herum aber viele kleine Gigs in ganz Europa. Mal als Headliner, mal wie heute als Vorband. Mit ihrer Musik lässt das Trio den Heavy Metal der 80er neu aufleben und sammelt von Tour zu Tour mehr Anhänger. Nach einem kurzen Intro legte die Band mit „Screams In The Night“ von ihrem Debut Album „Curse Of The Damned“ mächtig los. Für Ansprachen bleibt vorerst keine Zeit, denn die Jungs zocken einen Track nach dem nächsten runter. Überzeugend ist dabei vor allem die coole aber schlicht gehaltene Lightshow sowie die tighte Bühnenperformance. Gespielt werden Songs aus ihrer gesamten Schaffenszeit, was ich persönlich sehr sympathisch finde, da heut zu Tage viele Bands vor allem ihr aktuelles Album promoten wollen. Auch Songs von ihrer ersten 7“ sind mit im Programm. Überzeugen können vor allem das geniale „Hallowed Ground“, „Welcome To The Night“ und das abschließende „Night Demon“. Beim Song „The Chalice“ kommt der mittlerweile allseits bekannte TOD auf die Bühne und lässt die trockenen Kehlen der Zuschauer aus eben besagtem Kelch trinken. Eine lustige Einlage! Alles in allem bieten NIGHT DEMON am heutigen Abend wieder einmal eine fette Show und bekommen zurecht tosenden Applaus der Anhänger. Die Band zeigt sich darüber hinaus nach Konzerten sehr fannah.
Im Biergarten wird die Umbaupause genossen. Als die ersten stampfenden Töne nach draußen fliegen, wusste jeder Bescheid: Jetzt ist Zeit für CROWBAR. Die Sludge/Doom-Band mit Frontsau Kirk Windstein beehrt ihre Anhänger mittlerweile seit 27 Jahren und hat bereits elf Studioalben auf der hohen Kante. Da könnte man mit der Zeit Abnutzung erwarten, doch nichts der Gleichen ist der Fall. Kirk und seine drei Mitstreiter (Gründungsmitglied und Bassist Todd ist seit 2016 auch wieder mit dabei) zeigen sich mit ihren teilweise über 50 Lenzen spielfreudig wie eh und je. Eine CROWBAR-Show gleicht auch immer etwas einer Comedy-Show, wenn Kirk seine, nicht immer leicht verständlichen, Ansagen im Südstaatenakzent zwischen den Songs Preis gibt. Davon hatte Kirk heute leider etwas zu viel im Gepäck. Auch die Songauswahl konnte mich persönlich nicht in vollem Umfang überzeugen. CROWBAR-Liebhaber sehen das mit Sicherheit anders, doch mir persönlich waren zu viele der langsamen und schleppenden Tracks in der Setlist. Sicherlich waren mit „The Lasting Dose“ und „Planets Collide“ auch richtige Perlen dabei, doch mir fehlten mehr flotte Tracks, die für mich CROWBAR eben auch auszeichnen. Bestes Beispiel hierfür „The Cemetery Angels“. Songs dieser Härte und Schnelligkeit kamen leider zu wenig zum Tragen am heutigen Abend. Mit dem abschließenden Led Zeppelin Cover „No Quarter“ gingen dann 70 stampfende Minuten zu Ende. Den Zuschauern gefiel das Spektakel allemal, denn man blickte in viele zufriedene Gesichter, von denen einige am nächsten Morgen sicherlich etwas Nackenschmerzen vom Kopfnicken davontragen durften.
Zusammenfassend war der Abend ein wunderbarer Abschluss für Metalkonzerte im Underground in Köln. Hoffen wir, dass sich in naher Zukunft eine neue Location in Köln auftut. Der alte Charme vom Underground mit seinem coolen Biergarten, welcher am heutigen Abend gemeinsam mit den Bands bis tief in die Nacht genutzt wurde, wird in Zukunft jedoch vermisst werden, aber in sehr guter Erinnerung bleiben. (philipp)