Live im Heartbreak Hotel in Hannover am 26.02.2016
(Fotos & Text © Chris)
Jaja, wenn die Welt um dich herum nur aus grauem Alltag besteht und alles keinen wirklichen Spaß macht, kommen solche Abende wie gerufen und laden das Akku auf, wie es der normale Feierabend nicht kann. Beinahe hätten wir den Hintern nicht von der Couch bekommen, allerdings hätten wir uns in selbigen beißen müssen, wenn wir diesen lauschigen Abend verpasst hätten.
Unser Weg führt uns heute in die Landeshauptstadt und dort in das Heartbreak Hotel. Das Heartbreak Hotel ist ein extrem knuffiger Club, der selbst mit Wohnzimmeratmosphäre wirbt und der damit wahrlich nicht übertreibt; gemessen an unserem Wohnzimmer ist es tatsächlich als Wohnzimmer zu bezeichnen, allerdings gemütlicher als unseres, denn die Bar ist besser bestückt. Es finden sich im Laufe des Abends leider nur 20 oder 30 nicht-zahlende Gäste ein, obwohl der Eintritt bei diesem, von den Rockaholics Hannover organisiertem Gig, heute Abend frei ist!
Aber heute steht nicht nur der TOM TOXIC TOLLHAUS TRIO-Gig im Kalender, nein, es ist auch der Geburtstag des Meisters: J.R. Cash, etwas besser bekannt als Johnny Cash, hätte heute seinen 84 Geburtstag gefeiert und was liegt da näher, als den größten Johnny Cash-Verehrer jenseits der Kieler Förde zum Stelldichein zu bitten?! Unterwegs ist der umtriebige Kieler heute mit Dennis am Bass und Slim Tall Timm an der Gitarre und auch wenn der eine oder andere leicht verschnupft daherkommt, startet um ca. 21.30 Uhr die Sause. Bereits beim ersten Set gibt es Hits, Klassiker und neue Songs (weil bisher unveröffentlicht) in Masse, aber mit Klasse. Die Band ist wirklich gut drauf, groovt wie eine Lokomotive und der Sound im Heartbreak Hotel ist wirklich gut, auch wenn ich denke, dass anfangs die Leadgitarre etwas leise war. Neben den eigenen Kompositionen, von denen ich die kleinen Hits „Heut is‘ ’ne Party“, „Freibier vom Fass“, „Hömma auf zu reden“ und „Too old to die young“ (wenn dieser Song kein Hit wird, fress‘ ich ’n Besen) hervorheben möchte, gibt es eine fette Ladung an eingedeutschten Johnny Cash-Hits, die für mich beweisen, dass Tom ein großartiger Texter ist. Nicht nur seine eigenen Texte sind absolut hörenswert, weil sie vor Witz, Charme und Hintergründigkeit sprühen, sondern auch seine Adaptionen der Cash-Songs und anderen Rock’n’Roll-Hits klingen so, als wären sie im Original auf deutsch geschrieben worden. „Folsom Prison“, „Fühl den Rhythmus“ und „Delia’s fort“ (Hammer-Song!) ist nur ein kleiner Teil der Songs, die mir im Ohr und im Herzen geblieben sind. Gespickt ist der Gig natürlich mit vielen Anekdoten und witzigen Geschichten, wie man es von Tom gewohnt ist…
Manche Bands würden sich nach 60 Minuten auf der Bühne gerne verabschieden, aber nicht so das Trio, denn nach einer kurzen Pause geht der Ritt durch die Musikgeschichte im Schweinsgalopp weiter und die Band dreht noch mal richtig auf. Aber zuerst steht Tom allein auf der Bühne und bringt einige Songs solo… das ist immer eine tolle Abwechslung und Tim und Dennis schauen sich den Part gerne vom Platz vor der Bühne an.
Vielleicht habe ich es beim ersten Set verpasst, aber gefühlt dreht Slim Tall Timm im zweiten Teil so richtig auf. Die geilen Soli klingen so gut, dass es mir Gänsehaut und die Mädels zum Tanzen bringt. Ganz besondere Highlights des zweiten Sets sind für mich die geniale Version des NINE INCH NAILS-Hits „Hurt“ („Schmerz“), die richtig ergreifend rüberkommt und „Zu Hause im Norden“ („Sweet Home Alabama“), „Teddy Bär“, „Ich bin ein Mann“ oder „Die Ballade von Ira Hayes“. Während Tom „Nicht mit mir, Babe“ singt, fühle ich mich tatsächlich aus der Cash-Welt herausgerissen und sehe in Tom den 1964er Bob Dylan. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber vielleicht ist es der schwarze Anzug, die Sonnenbrille und die Attitüde, aber als großer Bob Dylan-Verehrer nehme ich diese Assoziation gerne an. Gibt es eigentlich eine Rockabilly-Combo, die sich mal des Schaffens von Dylan angenommen hat?! Das wär doch mal was… Nach der Zugabe ist aber bei TOM TOXIC auch immer vor der Zugabe und Tom spielt uns nach dem regulären Set noch ein, zwei Songs zum Abschied, was ich immer ziemlich sympathisch finde.
Über die „Show“ an sich gibt es nichts zu berichten; keine Pyros, keine Leinwand… nur Musik aus dem Herzen und besser geht es einfach nicht! Lediglich Tom bekommt noch eins auf die Fresse, als ihm jemand das Mikro versehentlich in die Zähne schlägt. Auch wenn Tom im ersten Moment leicht angepisst wirkt, rettet er die Situation mit einem lockeren Spruch. Zum Glück war der Schreck größer, als der Schaden… Es war ein wunderbarer Auftritt der drei Rockabilly-Rabauken, an den nicht nur ich gerne zurückdenken werde.
Nach der Show wird eingepackt und noch der eine oder andere Absacker genossen; die Musik aus der Retorte animiert mit seinen Rock’n’Roll-Standards zum Tanzen und irgendwann gibt es meine persönliche Rauschmeißermusik in Form von TARKANs „Kiss Kiss“… aber ansonsten gibt es für den Club, die Crew und den Abend eine absolute Empfehlung. (chris)