Originaltitel: La Banda del Gobbo
Herstellungsland: Italien
Erscheinungsjahr: 1977
Wertung: gut
Regie: Umberto Lenzi
Darsteller: Tomas Milian (2x), Isa Danieli, Guido Leontini
FSK: ab 18 Jahren
Studio: filmArt
Genre: Poliziesco
Inhalt:
Vincenzo Marazzi (Tomas Milian), der Bucklige von Rom, kehrt zurück in seine alte Heimat. Immer auf der Suche nach dem schnellen Geld, plant er zusammen mit drei seiner ehemaligen Komplizen einen todsicheren Coup. Ein Geldtransport soll jegliche Sorgen für immer beseitigen. Marazzi hat jedoch nicht mit der Habgier seiner Mitstreiter gerechnet, und soll vor Ort getötet werden. Schwer verwundet kann er im Schutz der Kanalisation entkommen. Zusammen mit seinem Zwillingsbruder Monnezza (Tomas Milian) schmiedet er einen teuflischen Plan, um sich an den Verrätern zu rächen…
Neuauflagen… des Einen Freud, des Anderen Leid. Die Sammler der Erstauflagen stöhnen oftmals auf, wenn ein Film / ein Album neu aufgelegt wird, aber diejenigen, die aufgrund von Limitierungen oder anderen Gründen nicht zum Zug kamen, dürfen jubeln. „Die Kröte“ ist in der Erstauflage mit Schuber vergriffen und nun haben sich die Jungs von filmArt darangemacht, diesen hervorragenden Film neu aufzulegen und zwar… Achtung, Trommelwirbel… als „inoffiziellen“ Teil der „filmArt Polizieschi Edition“!!! Genialer Schachzug! Im typischen „Polizieschi Edition“-Design erscheint der Film nun erneut und anstatt ihn „offiziell“ in die Serie als Nummero Sieben oder Acht einzureihen, findet man dort, wo die laufenden Nummern gedruckt sind, das Erscheinungsjahr „1978“. Ein guter Kompromiss für alle Sammelnerds und DVD-Vitrinenbesitzer. Im Vergleich zur Erstauflage fehlt das Booklet und die Featurette „A Conversation with Franco Micalizzi“, somit bleibt zumindest die Wertigkeit der Erstauflage erhalten.
Die gleiche Vorgehensweise hat man auch bei „Die Gewalt bin ich“ gewählt, zu dem demnächst ein Review folgen wird!
Aber nun nochmal mein Review zur Orignalveröffentlichung:
Umberto Lenzi hat sich durch die Genres gearbeitet, wie kein anderer und in jedem Genre hat er seine Fingerabdrücke hinterlassen. Manche lieben ihn wegen seiner Kannibalen-Streifen, manche wegen seiner Giallo und andere wegen seiner Polizei-Filme. Und andere lieben einfach seine Filme, egal, in welchem Genre er sich gerade bewegt hat. Ich mag viele seiner Sachen, aber das liegt sicher durchaus auch an den jeweiligen Genres. „Die Kröte“ ist einer seiner Polizei-Filme (oder auch Poliziesco), in denen er offen die Missstände der damaligen Zeit in eine Geschichte einwebt. Ähnlich wie in Deutschland, was auch in Italien in den Siebziger Jahren einiges los: Terrorismus, Mord, Kriminalität. Daraus resultierte die Stärkung der Justiz und Polizei, was zwar die Kriminalitätsrate sinken ließ, aber sicherlich auch für Missfallen in der Bevölkerung gesorgt haben könnte. (Danke soweit an das informative Booklet von Ivo Ritzer und Marcus Stiglegger, welches der DVD beiliegt.)
„Die Kröte“ setzt genau bei diesem Umständen an bzw. führt sie dem Zuschauer vor Gesicht. Aber genug von politischen Hintergründen…sie helfen zwar heute zu verstehen, dass „Die Kröte“ nicht nur ein Gangsterfilm ist, der um seiner Selbst willen gedreht wurde, sondern, dass er eine Botschaft transportiert hat, ähnlich wie Giulio Questi bei „Töte Django“. Aber lässt man das Ganze mal außen vor, was bleibt? Ein hochgradig unterhaltender Gangsterfilm mit einem wahrlich begnadeten Tomas Milian. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass er sowohl Vincenzo „der Bucklige von Rom“ Marazzi, als auch seinen 10 Minuten jüngeren Zwillingsbrüder Monnezza Marazzi spielt, wäre es mir vielleicht gar nicht aufgefallen. Milian spielt die beiden Charaktere so unterschiedlich, wie man es als Schauspieler nur schaffen kann. Natürlich sorgen auch die Perücken, Klamotten etc. dafür, dass sie sich stark unterscheiden, aber Milians Mimik ist immer unerreicht. In einer Szene, die sicherlich zu einer meiner Lieblingsszenen gehört, ist er in der Disco und tanzt mit seiner Dame, während die anderen Gäste anfangen, sich über ihn lustig zu machen. Sobald die ersten Leute über ihn und seinen Buckel lachen, weißt du als Zuschauer, dass das kein gutes Ende nehmen wird. Allerdings endet es anders, als man denkt und sogar noch viel besser! In dem Teil des Filmes sieht Tomas Milian aus wie Al Pacino in „Scarface“…grandios. Milian selbst hat die Dialoge ausgearbeitet und man merkt ihnen an, dass sie wirklich durchdacht sind. Leider verkackt die deutsche Synchro aus den Siebzigern oftmals einen Film (siehe „Mein Name ist Nobody“), aber hier gibt es fast keinen unnützen oder schwachsinnigen Dialog. Hut ab.
Die Story ist cool und Lenzi und die Schauspieler schaffen es, dass der Zuschauer sich moralisch auf der Seite der Underdogs und Verbrecher wiederfindet. Oder wenigstens auf der Seite eines Verbrechers. „Die Kröte“ ist der Beweis, dass der europäische Film, in diesem Falle der italienische, sich nicht hinter Hollywood zu verstecken braucht. „Dirty Harry“ oder „French Connection“ waren auch nicht besser. Nur amerikanischer.
Tja, was soll ich zur DVD-Auflage groß sagen? filmArt haben wieder alles richtig gemacht. Das Bild ist gut bis sehr gut, der Sound überraschend druckvoll (übrigens ein genialer Soundtrack von Franco Micalizzi). Wieder einmal hat man es geschafft, ein sehr informatives Booklet zu erstellen, welches mit viel Hintergrundinfos zur Lage der Nation, Umberto Lenzi und Tomas Milian punktet. Dazu kommen die Extras: „A Conversation with Franco Micalizzi“, der englische Originaltrailer und eine Trailershow mit den Highlights des filmArt-Backkatalogs. Verpackt ist alles wieder in einem coolen Schuber mit genialem Artwork. Filmherz, was willst du mehr? (chris)