F+H EMPFEHLUNG, FILM+HÖRSPIEL

FILM „Noir – Art Bizarre“ (Horror)

Originaltitel: Noir – Art Bizarre

Herstellungsland: Deutschland 2013

DVD VÖ: 2014

Wertung: Empfehlung

Regie: Ralf Möllenhoff

Darsteller:  Lothar Baltrusch, Esther Brüschke, Sonja Imping

FSK: ab 18

Studio: R.I.P. independent production

Genre:  Horror

 

Inhaltsangabe:

Alek Wahning ist Kunstmaler. Als seine Ehe zu scheitern droht, wagt er einen Neuanfang und zieht an einen einsam gelegenen Ort. Dabei stört es ihn nicht, dass sein Umfeld durch einige ominöse, brachliegende Gebäudekomplexe verunstaltet wird. Eines Tages trifft er auf den sinistren Einsiedler Albrecht Großstädt, von dem er erfährt, dass sich an diesem Ort vor rund 30 Jahren ein schrecklicher Zwischenfall ereignete – seither geschehen merkwürdige Dinge.

Noch in derselben Nacht verspürt Alek den Drang ein Bild zu malen und er weiß, wie er es anzugehen hat: Schwarz soll es werden – komplett. Doch mit jedem Pinselstrich spürt er eine schleichende Veränderung. Da ist etwas, das auf ihn lauert, das zur tödlichen Bedrohung mutiert – n jeder finsteren Ecke, sobald e Schwarz sieht.

Schlie0lich findet er heraus, was damals tatsächlich geschah.

Komplett au Super 8 gedrehter experimenteller Old-School-Horror, der sich ohne digitale Effekte der Stilmittel der klassischen SW-Horrorfilme sowie der 1970er/80er Jahre Horrorfilme bedient.

Meinung / Fazit: Intensiver Horror Trip

Die Geschichte des Kunstmalers, seines blinden Sohnes, dem mysteriösen Umfeld und seiner Angst vor der Dunkelheit und dem Schwarz ist zuerst etwas undurchsichtig. Doch schnell setzt sich das Puzzle des Grauens zusammen. Die entsprechenden Puzzle Teilchen sind sehr gut aufeinander abgestimmt und hinterlassen nach dem Zusammenfügen wenig Unklarheiten. Auch die Darsteller funktionieren sehr gut in ihren Rollen, vor allem wenn man sich vor Augen führt, das hier keine überbezahlten Stars am Werke sind. Aber vielleicht ist es ja die Leidenschaft zum Produkt, die für die Authentizität sorgt und nicht die Menge an Geldbündeln.

Aber es ist nicht die Story, die einem so bei diesem Film fasziniert. Es sind die starken Bilder und dazu die erschreckenden Sounds, die einen bannen und wie erstarrt auf den Bildschirm blicken lassen. Vor allem die in Schwarz-Weiß gehaltenen Szenen sind grauenhaft schön. Die monochromen Farben, das wackelige Bild, die grandiosen Schattenspiele und die viele kleinen optischen Fehler machen das Gesehene sehr mysteriös und vermitteln einem den Glauben hier reale Aufnahmen vorliegen zu haben. Vor allem das sehr brutale und schockierende Finale bietet Hochspannung und Grauen mit sehr viel optischer Finesse für das Schrecken in Schwarz-Weiß.

Sehr gelungen empfinde ich auch andere optische und akustische Dinge wie die Pinselkamera, die dem Pinselstrich folgt. Auch die Sequenzen, in denen man zum Hörspiel die Zeitrafferaufnahmen des Himmels zu sehen bekommt sind sehr stimmungsvoll. Sensationell und nervtötend zugleich sind die Tinnitus Sounds, wenn wir den Maler aus Sicht des schwarzen Bildes sehen, aber auch sonst sitzt die Filmmusik und die akustischen Effekte wie die Faust aufs Auge und sorgt für eine zusätzliche Dichte. Aber dies sind nur einige Auffälligkeiten, die hier aufgeführt sind.

Was Splatter angeht passiert mengenmäßig nicht so viel, doch wenn dann richtig. Die Heckenschere kommt zwei mal sehr ausgeprägt zum Einsatz, vor allem ihr zweiter Auftritt ist extrem brutal und schockierend. Aber auch die ägyptisch inspirierten Rituale zur Gehirn- und Gedärmeentfernung sind nicht ohne!

Vieles in diesem Film ist interessanterweise direkt mit der Filmgeschichte von „Nerves“ verbunden, dem Film den Ralf Möllenhoff bereits im Jahre 2009 gedreht hatte. Wir befinden uns in unmittelbarer Nähe zum Ort dieses Geschehens, die Geschichte des Dr.Schmalbergs und seiner Experimente taucht wieder auf, die Hieroglyphen und Rituale und die wandelnden Toten in Weihnachtskostümen  kennen wir auch bereits. Und so stellt sich heraus, dass auch das Schicksal vom Kunstmaler Alek Wahning direkt mit den Vorkommnissen aus „Nerves“ zusammenhängt.

Mit 105 Minuten erscheint der Film etwas lang. Das liegt aber daran, dass man sich sehr viel Zeit gelassen hat um die zunehmende Bedrohung und die steigenden Anzeichen der Paranoia des Künstlers sich entwickeln zu lassen. Dabei vergeht die erste Hälfte des Films, bevor erst die tatsächlich schrecklichen Dinge passieren.

Wer mal wieder einen Film sehen möchte, der allein schon durch seine Art der Herstellung für Unbehagen sorgt, trotzdem aber durch tolle Bilder überzeugt, sollte hier unbedingt mal eine Kostprobe nehmen. Grandiose Bilder und schreckliche Gewalt liegen hier sehr dicht beieinander. Es lebe das Underground Kino! (michi)