Live im Béi Chéz Heinz in Hannover am 06.12.2013
Text und Fotos © Chris
Es ist Freitag und das Wochenende liegt vor dir… was gibt es geileres, als sich ein paar gute Bands anzuschauen und das Wochenende stilecht einzuläuten? Wir trotzen also dem Xaver-Ausläufer, dem Schnee und dem Eis und fahren nach Hannover ins Béi Chéz Heinz… es ist das erste Mal, dass wir das Chéz Heinz besuchen, aber sicherlich nicht das letzte Mal. Der kleine Salon ist mit netten Leuten gefüllt und im Laufe des Abends auch ausverkauft…so soll es sein. Aus dem größeren Raum schallen uns zwar Techno-Beats entgegen, aber hier ist es schön kuschelig. Das Bier ist günstig, die Leute nett und die Do-it-yourself-Attitüde ist spürbar und es ist schön zu sehen, dass man sich dort noch um die Besucher kümmert. So werden vor dem Gig Ohrenstöpsel verteilt, weil es sehr laut werden soll…und das wird es!
Den Anfang machen GIRLFRIENDS. Ach nee, stimmt gar nicht. Wenigstens nicht 100%ig, denn die GIRLFRIENDS heißen jetzt PACMAN. Sind aber die GIRLFRIENDS, die wiederum aus Mitgliedern von HERMELIN, PONTO und WHITEBUZZ bestehen. Ihre Mucke ist ziemlich geil…ich würde sie mal als noisig-alternative-Punk-Band beschreiben. Ihre Songs sind brachial, kurz, auf den Punkt und wenn du denkst, jetzt kommt ein Break, isses auch schon vorbei. Meine Zeit in der Alternative-Ecke ist schon etwas länger her, aber ich denke, die Wurzeln liegen in den Neunzigern…Mehr kann ich gar nicht dazu sagen, denn viele Infos über die Band existieren nicht wirklich, Musik ist in der Mache und was das Wichtigste ist: es hat Spaß gemacht. Mehr kann man sowieso nicht verlangen, wenn man eine Band zum allerersten Mal hört und das auch noch live, wo viele Eindrücke die Synapsen zum schwirren bringen.
Einen Eindruck, den ich gewinne, ist der, dass sehr viele Damen im Publikum sind! Ist ja nun nicht wirklich ungewöhnlich, aber die Masse hat mich schon erstaunt. Was mich noch erstaunt hat, sind WHITEBUZZ. Ich gebe mal ehrlich zu: ich habe mich nicht auf den Konzertabend „vorbereitet“ und mal reingehört, was die Bands so für Musik zocken, denn DEAMON′S CHILD sind der Grund, warum wir nach Hannover gefahren sind, aber als WHITEBUZZ loslegen…wow. Stoner-Doom-Drone vom Feinsten! Bassist André war auch schon bei PACMAN auf der Bühne und unterschiedlicher können beide Bands gar nicht sein, denn bei WHITEBUZZ regieren ausufernde Songs, weite Flächen und viel Dunkelheit. Die Gitarre von Gitarrist und Sänger Cris ist leider anfangs nicht zu hören, aber der epische Teppich aus Bass und dem feurigen Drumming von Tim schließt die Soundlücke gekonnt. Überhaupt ist Tim wohl der Blickfang des Abends: er trommelt mit Leidenschaft und viel Bewegung, dass es wirklich Spaß macht, sich das anzuschauen. Das perkussive Element ist in der Musik auch sehr ausgeprägt und über Arbeitsmangel kann er sich nicht beklagen. Die „krummen Beats“ (© CHÄIRWALK) sorgen zwar dafür, dass man nicht durchgängig mitbangen kann, aber die straighten Parts knallen dann dafür umso mehr. Cris singt sehr eindringlich und Höhepunkt im ruhigen Sinne ist wohl der Beginn von „A journey through the orchestral labyrinth of the wide plateau“. Bei dem es nur Gitarre und Gesang gibt, bevor das Inferno losbricht. Großartig. Ich glaube, dass man das ganze Album „Book of Whyte“ (2009) gezockt hat und keiner der Songs dauert weniger als 15 Minuten. Zwischendurch gibt es eine kleine Gaffa-Pause, denn der Riemen der Gitarre muss wieder getaped werden und das Klebeband liegt an der Bar, aber sowas nimmt hier keiner übel oder empfindet es störend. Im Gegenteil, was hier heute Abend passiert ist alles echt. Mehr geht nicht. Die gute Stunde vergeht wie im Fluge und man gerät durchaus in Trance, wenn man sich in die Songs hineinfallen lässt. Sehr guter Gig!
Dann kommen DEAMON′S CHILD…ihre selbstbetitelte Debüt-EP ist ein Highlight des Jahres für mich und dementsprechend freue ich mich auf die Band… und ich werde nicht enttäuscht, auch wenn es alles etwas anders ist, als auf der CD. Das Energielevel ist höher, die Songs kommen den MELVINS-Assoziationen live deutlich näher, als auf CD und es ist ein (im positivsten Sinne) räudiger Ausbruch an Energie, der dich ergreift. Gefühlt hat der Gig etwas von der Aufbruchstimmung der frühen Jahre…Keller, junge Musiker, die es nur krachen lassen wollen, eine DIY-Attitüde sondergleichen und Spaß am Krach…so stelle ich mir die Szene in den frühen Neunzigern vor, als es nur darum ging, seine Musik zu zocken. Image ist nichts. Spaß ist alles.
Neben den bekannten Songs wie „Alles bio, immer bio“, „Mine leer“, „Lutscher“ und „Venus“ hat die DEAMON′S-Familie auch noch einige Stücke der kommenden CD auf der Setlist. Ich weiß zwar nicht, ob die Band einen Zoo aufmachen wird, aber „Delfine“, Geier“ und „Äffchen“ sind schon mal in der Arche. Im Vergleich zur CD singt Anami Deamon eher laut und kreischig, während auf der CD sehr sinnlich tief gesungen/gesprochen wird, aber das verstärkt meine ATARI TEENAGE RIOT-Assoziation nur noch mehr. John Deamon spielt seine Gitarre oft tief vornübergebeugt und man merkt ihm den Spaß an, den er beim Gitarre spielen hat und Drummer John Deamon ist ein alter Bekannter: Tim von WHITEBUZZ verprügelt stilecht das Schlagzeug und verleiht den kernigen Songs den richtigen Punch.
Wenn man richtig Glück hat, sind Gigs magisch und dieser Gig muss ganz einfach magisch sein, denn ein Einhorn findet den Weg in den Club! Das gibt′s halt auch nicht so häufig und beweist, dass Einhörner nicht nur nicht ausgestorben sind, sondern auch einen verdammt guten Musikgeschmack haben.
Es war der Debüt-Gig der Band und ich glaube, dass man von DEAMON′S CHILD noch viel hören wird, denn der Mix aus Noise und Stoner Punk hat einfach Format und wenn demnächst das Album erscheint, wird der Gig hoffentlich auch länger als gute 30 Minuten.
Das Konzert hat Spaß gemacht, wir haben endlich das Béi Chéz Heinz kennengelernt und super-nette Leute getroffen…was will man mehr vom Leben?!
Vielen Dank an die Bands für′s rocken und Missu von ZYGMATRON für diese gelungene Veranstaltung! (chris)