LIVEBERICHT

SUNDER + HARSH TOKE :: Jammin‘

Sunder (1)
Live in der Goldgrube in Kassel am 04.10.2015
(Text & Fotos © Chris)

Erst kürzlich hatten wir eine Diskussion, was Bands heutzutage noch erreichen können, wer nach dem Ableben der Großen Alten noch groß werden kann und was das Ganze überhaupt in der heutigen Zeit noch soll.

Die Antwort auf den letzten Teil der Frage gibt es am Sonntagabend in der Goldgrube in Kassel. Die Goldgrube ist ein kleiner, aber durchaus feiner Club, bei dem mich nicht nur das tolle Personal und die chilligen Leute anspricht, sondern auch die Getränkeauswahl; für einen Club dieser Größe ist die Auswahl an leckeren Spirituosen und mehreren Biersorten schon bemerkenswert.
Eingeladen hat an diesem Abend die Moshpit Crew Cassel, die rührige Gemeinschaft positiv Verrückter, die Kassel in meinem Umkreis durchaus zum spannendsten Zentrum für gute Musik werden lassen. Aus Rücksichtnahme auf das Bundesligaspitzenspiel Bayer vs. Dortmund hat man freundlicher Weise den eigenen Anstoß von 19.30 Uhr auf 20.30 Uhr verschoben, aber viel genützt hat es leider nicht: ich habe mal grob durchgezählt und bin auf 30 Gäste gekommen. Das ist definitiv zu wenig und die Bands hätten auch mehr Interessierte vor der Bühne verdient.
Den Anfang machen dann, mit einer weiteren Dreiviertelstunde Aufschub, SUNDER aus Lyon. Die Band war bis vor kurzem noch als THE SOCKS bekannt, aber diverse Ungereimtheiten gipfelten dann in einem Namenswechsel. Wenn man noch keinen Ton einer Band kennt (mal kurz in YouTube reinzappen zählt nicht), kann man sich völlig entspannt zurücklehnen und genießen.

Sunder (3)

Das Quartett gibt mit ihrem Acid Rock dann auch alles, so dass wir uns fein entspannen können. Acid Rock und Psychedelic Rock sind ja enge Verwandte, aber der Acid Rock, den SUNDER ausgiebig zelebrieren, ist in der Szene unterrepräsentiert, wie ich finde. Die Musik ist flockig, rockig, spacig und stammt eher aus den 60er, als den 70er Jahren mit einer Prise Eingängigkeit. Zugedröhnte BEATLES, APHRODITES CHILD, HAWKWIND, Flower Power und Entspannung… in diese Richtung wandern meine Gedanken, während die Band ihren 40 minütigen Gig zockt. Besonders schick finde ich den „Keyboard“-Einsatz, der den Songs eine wunderschöne Klangfarbe verleiht und einfach nur geil ist. Die meisten Songs werden mehr oder minder zweistimmig gesungen, denn selten ist es nur Gitarrist und Sänger Julien, der allein singt, sondern Nicolas (Farfisa und Mellotron) ist immer dabei und die große Stärke der Band liegt darin, ihre kompakten Songs mit schönen ausgedehnten Instrumental-Parts zu veredeln. Großartig ist die Rhythmusgruppe Jessy (Drums) und Vincent (Bass) die herrlich groovig die melodischen Songs vorantreiben. Der Sound in der Goldgrube ist gut, wenngleich auch etwas tiefenbetont und vielleicht wird so manche Feinheit verschluckt, aber die Mädels tanzen vor der Bühne und jeder hat Spaß mit der Darbietung.

Sunder (5)

Eine weitere schöne Überraschung an diesem Abend ist, dass man das neue/erste Album im Gepäck hat, welches erst am Monatsende erscheint und welches aufgrund der überzeugenden Leistung gleich verhaftet wird.

Harsh Toke (6)

Die zweite Band des Abends ist HARSH TOKE aus den USA und was hier passiert ist einfach geil… der Auftritt ist eine riesige Jamsession. Würde die Band zwischen zwei Songs nicht mal eine kurze Rauch- und Trinkpause einlegen, wüsste man irgendwann nicht mehr, wo ein Song aufhört und ein anderer beginnt. Dabei pendelt man zwischen krachigen und feedbackgeschwängerten Soundwänden einerseits und unglaublich geilen, rockigen Parts andererseits und kurz bevor du von der psychedelischen Wall of Sound genervt sein könntest, kriegen sie die Kurve und rocken und grooven so großartig , dass sie dich mit einem Fingerschnippen zum Tanzen bringen.

Harsh Toke (4)

Die Darbietung der Band ist dicht (und damit meine ich musikalisch und auch sonst) und der Psychedelic bzw. Acid Rock lebt ganz entscheidend vom musikalischen Zusammenspiel der Musiker und da kann man sich in keiner Weise beschweren. Leider kenne ich den Namen des Songs nicht, aber bei einem wechselte man so zackig zwischen Gehämmere und Groove, dass uns regelrecht schwindelig wurde… definitiv ein geiler Konzertmoment! Im Vergleich zu SUNDER fährt HARSH TOKE eine deutlich psychedelischere Variante des guten, alten Rocks und legt in Sachen Druck noch eine Schippe drauf. Leider ist auch hier nach ca. 55 Minuten Feierabend, aber die Gäste haben die Zeit gut genutzt und wenn ich die Publikumsbeteiligung betrachte, hat HARSH TOKE die Nase vorn, denn zu ihrer Musik wird vermehrt getanzt und gegroovt, aber für mich hatten beide Bands ihren Reiz und waren unterschiedlich genug, um mich auf die eine oder andere Art zu begeistern.

Beste Grüße an die Moshpit Crew Cassel, SUNDER und HARSH TOKE! (chris)