Konzertbericht
Empyrium & Dornenreich Live in der Christuskirche Bochum am 21.01.2012
Fotos by Caro
Nicht von der ersten Stunde an, aber spätestens seit dem sensationellen zweiten Album „Songs Of Moors And Misty Fields“ war ich der Band EMPYRIUM mit ihrer Mixtur aus Black Metal und Folk Metal verfallen. Leider hieß es in der Vergangenheit immer, dass man Live nie auftreten würde und als sich die Band 2002 zwischenzeitlich auflöste, schien dieses Kapitel endgültig abgeschlossen. Mit der Neugründung im Jahre 2010 keimte die Hoffnung erneut auf und tatsächlich hat man mit den alten Regeln gebrochen und auf dem 2011er WGT erstmals ein Livekonzert gegeben. Eher zufällig und kurzfristig ergab sich mir die Chance, zwei Karten für das bis dato zweite Konzert, von EMPYRIUM zu ergattern und zum Glück setzte sich die Spontanität durch und so führt mich heute der Weg nach Bochum, in die Christuskirche; eine im Krieg zerstörte Stätte, die seit einigen Jahren wiederaufgebaut, als Veranstaltungszentrum fungiert.
Der Besuch dieser Stätte beginnt, an diesen nasskalten Abend erst einmal mit einer recht unangenehmen Wartezeit vor dem Einlass, der nur schleppend von statten geht. Aber das Warten hat sich gelohnt, denn schon beim Betreten der Kirche ist die besondere Atmosphäre dieses Ortes spürbar. Konzerte an diesem Ort finden allesamt als sitzende Veranstaltungen statt und da mich meine nummerierten Karten auch noch in die erste Reihe führen, ist das Glücksgefühl obgleich des perfekten Blickfeldes, auf einem kaum zu übertreffenden Höhepunkt angelangt. Der Blick auf die in blaues Licht gehüllte Bühne ist schon ohne Musiker atemberaubend, aber als es im Innenraum auf einmal dunkel wird steigt zudem noch die Spannung, aller Anwesenden, spürbar an.
DORNENREICH kann man zum Einen als Dark-/Black-Metal-Band erleben, heute aber stehen lediglich Sänger und Gitarrist Jochen „Evíga“ Stock und Violinenspieler Thomas „Inve“ Riesner auf der Bühne, um den sehr gut gefüllten Rängen, ihr exklusives Akustik Set aufzuführen, welches bereits vor einigen Jahren auf dem WGT für Begeisterung sorgte. Artig verbeugen sich die „Eviga“ und „Inve“ vor dem applaudierenden Publikum, bevor die ersten Klänge angestimmt werden. Nach einem Intro beginnt das Set mit „Flügel In Fels“ vom Akustikalbum „In Luft Geritzt“ und der Sound in der Christuskirche erweist sich sofort in einer glänzenden Akustik. Wundervolle klingende Gitarrenakkorde, die alle einzeln großartig herauszuhören sind. Auch die Violine spielt ihr Lied geführt von „Inves“ Hand und klingt verführerisch und perfekt abgestimmt zu „Evigas“ flüsternden Gesang. Sensationell wie die Instrumente beherrscht werden, es ist jederzeit spürbar, dass die beiden Künstler auf der Bühne die Musik fühlen, sonst wären solche akustischen Kunstwerke kaum zu realisieren. Auch „Der Hexe Nächtlich Ritt“ oder „Drang“ bieten dem Zuschauer eine intensive musikalische Erfahrung. Das immer wieder gern gespielte instrumentale Stück „Freitanz“ bietet der Violine einen besonderen Auftritt, bei der dieser ganz besondere Charme dieses Instruments perfekt zur Geltung kommt. Als Zuschauer fühlt man sich fast in die Rolle des Zuhörers einer Märchenerzählung versetzt, so intensiv erklingen die mal geheimnisvoll geflüsterten und dann wieder enthusiastisch, energisch gesungenen Worte des „Eviga“ in „Meer“, „Jagd“ oder dem krönenden Abschluss „Reime Faucht der Märchensarg“. Ein ohne Einschränkung gelungener Auftritt, der das ganze Publikum über die Spielzeit von etwa 45 Minuten in seinen Bann gezogen hat.
Playlist DORNENREICH:
• Intro
• Flügel In Fels
• Der Hexe Nächtlich Ritt
• Drang
• Freitanz (Instrumental)
• Meer
• Drang
• Jagd
• Aufbruch
• Der Wind Geboren
• Reime Faucht Der Märchensarg
Jetzt gibt es eine kurze Pause, in der sich das während des Auftritts bemerkenswert brave und angemessen wirkende Publikum mit Getränken eindecken kann. Außerdem nutzen viele Leute die Zeit um dem Merchandise Stand der aus Österreich stammenden Band den wohlverdienten Umsatz zu bringen.
Nun aber wieder hinsetzen, denn der Hauptact des Abends beginnt. Schon wird es wieder dunkel in der Kirche und nach und nach erscheinen, unter großem Beifall, unglaubliche acht Musiker auf der Bühne. Als feste Bandmitglieder nehmen natürlich Ulf Theodor Schwadorf (Vocals & Gitarre) und Thomas Helm (Vocals & Keys) die vordere Hälfte der Bühne ein. Kaum weniger wichtig haben sich EMPYRIUM mit vielen befreundeten Musikern bekannter Bands verstärkt, um die Songs optimal umzusetzen und so findet man im hinteren Bereich der Bühne mit Eviga (DORNENREICH) und Neige (ALCEST) an den zusätzlichen Gitarren, Fursy Teyssier (LES DISCRETS) am Bass, Aline Deinert (NEUN WELTEN) an der Violine, Christoph Kutzer (REMEMBER TWILLIGHT) am Cello und Allen B. Konstanz (THE VISION BLEAK) an den Drums, eine sensationelle Gesamtbesetzung an.
Das Set von EMPYRIUM beginnt mit dem neuen Stück „The Days Before The Fall“, welches kürzlich das erste Lebenszeichen der Bands gewesen ist. Dunkler Sound aus den Keys und düster melancholischer Gesang von Schwadorf leiten das Lied ein, bevor die kräftigen Drums und die E-Gitarren zeigen, dass es hier nicht nur akustisch zur Sache gehen wird. Bei dem Song zeigt sich auch die ganz besondere Stimmlage des Thomas Helm, der eine unglaubliche sakrale Stimme über die Musik legt. Ein Blick in die Zuschauer lässt von der ersten Sekunde an absolute Begeisterung erahnen. Riesige, verträumte Augen säumen glückliche Gesichter dessen Besitzer sich in der Musik verloren haben. Die heutige Setlist bietet aber auch alte Stücke und so folgt mit „The Franconian Woods In Winter´s Silence“ ein Stück vom ersten Album. Hier läuft es mir eiskalt den Rücken herunter, als Ulf Schwadorf zum ersten Male an diesem Abend seine Growls verlauten lässt und die Gitarren und die Drums die Kirche mit einer kaum fassbaren musikalischen Dichte füllen. Meine Augen wissen gar nicht so recht welchem Geschehen auf der Bühne sie folgen sollen. Die sensationellen drei Gitarristen, die unglaubliche Akrobatik an den Saiten vollführen, die Violistin, die ihrem Instrument unglaublich verführerische Melodien entzaubert oder dem Gesangsduo, welches sicherlich die stärkste optische Präsenz hat. Stücke wie die fast ausschließlich akustischen „Heimwärts“ oder der „Weiher“ versprühen diesen ganz geheimnisvollen Flair des naturverbundenen Folk Metal und man fühlt sich fast in die beschriebenen Welten entführt.
Das absolute Highlight des Abends ist aus meiner Sicht und wohl auch der der meisten anderen Besuchern „Mourners“ vom zweiten Album. In diesem dunkelen und zugleich melancholischen Stück, schafft es Ulf durch seinen wechselnd growlenden und klaren Gesang eine sensationell intensive Atmosphäre zu erzeugen, wie ich es bisher kaum woanders gehört habe. Somit gehört dieser knapp 10 minütige Musikepos definitiv zu den besten Live Songs ever! Mit „Schwäne Im Schilf“ folgt ein weiterer Publikumsliebling gemessen an den Reaktionen. Auch dieses Lied hat eine kaum beschreibbare Stimmung, aber vor allem ist hier das Gitarrenspiel, der vier parallel gespielten Saiteninstrumente unglaublich beeindruckend umgesetzt, denn das Auge kann kaum dem Handling der Spieler folgen. „Mit Dead Winter Ways“ präsentieren EMPYRIUM einen weiteren neuen Song, der auf ein baldiges neues Album hoffen lässt. Kurze Zeit später droht Ulf mit dem letzten Song, doch mit „Many Moons Ago“ und „Das Blau-kristallene Kämmerlein“ hat man noch zwei mystische Folknummern für das Bochumer Publikum parat. Als nun das unvermeidliche Ende des phantastischen Auftritts gekommen zu sein scheint, erhebt sich jeder aus seinen Sitzen und zollt den Künstlern auf der Bühne mit stehenden Ovationen Tribut für die gesehene und gehörte Glanzleistung. Und weil es so schön war gibt’s zum Dank noch einmal „Mourners“, als weitere Zugabe und so werden jedem Zuschauer 10 weitere unvergessliche Minuten Musik geschenkt.
Playlist EMPYRIUM
• The Days Before The Fall
• The Franconian Woods In Winter´s Silence
• Where At Night The Wood Grouse Plays
• Heimwärts
• Mourners
• Die Schwäne Im Schilf
• Dead Winter Ways
• Der Weiher
• Many Moons Ago
• Das Blau-kristallne Kämmerlein
• Mourners
Dieser Abend in Bochum ist sicherlich einer der besten Konzerterlebnisse überhaupt gewesen, denn so viel filigrane musikalische Kunst habe ich selten gehört. Ein Wechselbad der musikalischen Emotionen vom Einklang mit der Natur, über märchenhafte Geschichten, bis hin zu hasserfüllten Wutausbrüchen… Alles war heute zugegen und in Perfektion miteinander vereint. Jedes Gesicht, das ich heute innerhalb der Christuskirche sehe, scheint dasselbe zu denken, wenn man die begeisterten Gesichter zu deuten versucht. Bleibt zum Abschluss nur zu sagen…habe ich jemals wieder die Chance ein weiteres Konzert dieser Bands zu sehen…so wird die Entscheidung schon heute gefallen sein, dass ich dabei bin! (michi)