18 SUMMERS Live in der Markthalle in Hamburg am 10.11.2012
Support Janosch Moldau
(Fotos by Caro / Text by Michi)
18 SUMMERS selber habe ich live noch nie zu Gesicht bekommen. Im Jahre 1997 hatte ich allerdings das Vergnügen, die Stimme des Felix Flaucher live auf dem damaligen Zillo Festival zu hören, damals natürlich noch unter dem heute ja legendären Bandnamen SILKE BISCHOFF. Um dies zu ändern, nehme ich auch mal etwas wiederwillig den langen Weg nach Hamburg auf mich, auch wenn das neue Album „Magic Circus“ thematisch und musikalisch mir etwas zu kitschig klingt und auch das bisher über Jahre so einmalige Foto-Artwork von Felix Flaucher sehr fehlt. Im Vorprogramm ist heute der etwas eigenwillige und extrovertierte JANOSCH MOLDAU zu sehen, von dessen eigentümlicher Show ich mich bereits im Vorprogramm von DE/VISION erfreuen konnte.
Kurz nach dem Öffnen der Pforten der Hamburger Markthalle haben sich noch nicht sehr viele Besucher eingefunden. Zu meiner Überraschung findet das Konzert heute auch in der kleinen Konzerthalle dieser Lokation statt. Ich hätte vermutet, dass diese Kultformation der Schwarzen Szene mehr Besucher anzieht. Aber nun gut was soll’s.
Der aus Ulm stammende Musiker und Alleinunterhalter betritt pünktlich um 21:00 Uhr die kleine Bühne des laut Veranstalter 300 Menschen fassenden Konzertraum. JANOSCH MOLDAU beginnt seinen Auftritt mit seiner ganz speziellen Mischung aus Synthie Pop, Dark Wave und Electro Clash und garniert diese mit seiner recht individuellen Exzentrik. Der Synthie gibt die elektronischen Sounds vor und JANOSCH MOLDAU singt seine Songs dazu, optisch untermalt von einer kleinen Projektorleinwand, die passende visuelle Verstärkungen zeigt. Songs wie „Second Best“ oder „In Another World“, mit denen er bereits erfolge in den DAC Charts vorweisen kann, fehlen natürlich in diesem Gig nicht und sorgen im Publikum für verhaltene, aber durchaus positive und wohlgesonnene Reaktionen. Mit längerer Spielzeit wird mir die sehr ausgeprägte Sangesleistung von JANOSCH MOLDAU allerdings etwas zu anstrengend. So viele langgezogene aaaaahhh’s und oooooohhh’s kann ich auf Dauer nicht vertragen. So erlebe ich das Ende des etwa 40 Minuten andauernden Auftritts im nahegelegenen Raucherraum…
Es dauert gerade mal zehn Minuten, da ist man schon bereit für den Auftritt von 18 SUMMERS und Nebel strömt über die Bühne. Die kleine Halle ist nun etwas besser gefüllt, aber ich schätze die Besucherzahl trotzdem auf deutlich unter 100 Leute. Egal, Pech gehabt wer nicht da ist. Zuerst kommt zum Intro des neuen Albums die Live-Keyboarderin auf die Bühne, dann Frank Schwer an der Gitarre und schließlich Felix Flaucher, dessen Stimme sich über Jahre hinweg als so einmalig gezeigt hat. Das Konzert beginnt mit dem Song „Virgin Mary“, welcher sofort eine tolle Atmosphäre in dem kleinen Konzertsaal erzeugt. Jeder schaut gespannt auf die Bühne und lauscht diesem Song. Felix wirkt zu Beginn des Konzerts irgendwie sehr steif und schüchtern. Dies bemerkt man auch an seiner Ansprache, welche allerdings sehr sympathisch wirkt. Bei „Sensation White“ arbeitet Felix mit Megaphon für die Shouts und Franks Gitarrenanschläge wirken sehr krächtig bei diesem ungewöhnlichen Song. „Deep In Your Heart“ ist da schon ein viel typischerer Song für dieses Duo, liebliche Melodie, eingängiger Rhythmus und ein quietsch-kitschiger Text… aber trotzdem sehr schön. Leider ist der Sound nicht immer sehr gut. Oft verschwimmt der Gesang und so manches Mal wirkten die Instrumente etwas übersteuert. Für mich ist „Under Your Skin“ der beste Song in der ersten Hälfte des heutigen Auftritts, denn dieser typische 90er Jahre Dark Wave Song gehörte damals wie auch heute zu meinen Favoriten aus der SILKE BISCHOFF Zeit.
Nun folgt ein kleiner, aber musikalisch sehr schöner und intensiver Akustik Set, bei dem die Keyboarderin die Bühne verlässt und sich Frank sitzend seiner Akustikgitarre widmet. Den Anfang mach hier unter großer Begeisterung der Anwesenden der Song „The Letter“. Nun kann sich Felix’s Stimme noch viel besser entfalten und der Klang der Saiten ist einfach nur herrlich. Bei „Marry Me“ gibt Felix zu, dass der Song aus seiner Sicht total gelogen ist, allerdings die Worte so schön romantisch seien. Noch drei weitere Songs werden akustisch vorgetragen. Leider wirkt hier sehr störend die im Nebenraum begonnene Disco, dessen Krach jedes Mal die Konzertatmosphäre stört, wenn jemand den Saal verlässt oder betritt. Bei einem Song verliert Felix die Textsicherheit, als er zwischenzeitig seine Brille abgenommen hat und nicht schnell genug den Überblick in seinem Textbook wiedererlangt hat. Schon lustig, aber nur menschlich und so viel Konzerterfahrung hat diese Band ja eh nicht vorzuweisen.
Nun haben wieder die elektronischen Klänge das Sagen und die Besetzung auf der Bühne ist wieder komplett. „I Don’t Love You Anymore“ aus ganz frühen SILKE BISCHOFF Tagen begeistert die Zuschauer zusehends und der Refrain wird sehr textsicher mitgesungen. Mit einem Reigen an Hits aus der gesamten Schaffensphase werden den Zuschauern viele glückliche Momente beschert und inzwischen ist auch Felix auf der Bühne spürbar lockerer geworden. Lässig und cool fragt er die Zuschauer, ob man gleich von der Bühne gehen soll und sich per Zugabe zurückrufen lassen soll, oder ob man gleich die noch verbleibenden zwei geplanten Stücke spielen soll. Finde ich gut, weil spontan ist dieser Zugabe-Brauch ja schon lang nicht mehr. So denken alle und auch die Band, also wird zuerst der Klassiker schlechthin „On The Other Side“ gespielt und mit „Northern Lights“ nochmal ein stimmungsvoller düsterer Abschluss gebracht.
So endet also dieses Konzert, welches wirklich sehr gut war. Allerdings sind SILKE BISCHOFF bzw. 18 SUMMERS so eine Band, bei der die Musik immer besser auf CD klingt als live. Die dunkle und oft beklemmende Aura der frühen Songs lässt sich live nur sehr schwer erzeugen, vielleicht auch ein Grund, warum man sich seit Bestehen so selten live gezeigt hat. War mir trotzdem wichtig, Felix seine Stimme nochmal live zu hören und so begebe ich mich zufrieden in die Dunkelheit der Nacht, um den langen Heimweg anzutreten, zu einer Uhrzeit wo die Schattengestalten der Hamburger Nacht die Markthalle nun zahlreich aufsuchen, um die legendäre „Return Of The Living Dead“ Party zu feiern. (michi)
PLAYLIST 18 SUMMERS
- Intro
- Virgin Mary
- Sensation White
- Deep In Your Heart
- Chippewa Lake Park
- Under Your Skin
- Underworld
- Daddys Coming Home
- AJ:Na
- The Letter (Akustik)
- Marry Me (Akustik)
- Down In The Park (Akustik)
- Blue Eyes (Akustik)
- I Don’t Love You Anymore
- Phoenix From The Flames
- Waste Of Time
- Girl Of 18 Summers
- No Paradise
- On The Other Side
- Northern Lights