Fotos @ Caro / Text @ Michi
M’era Luna, eigentlich ein Termin auf den ich mich immer schon Wochen vorher sehnsüchtig freue. Dieses Jahr ist allerdings so mit anderen viel wichtigeren Termin überfüllt, dass nur wenige Gedanken vorher diesem Festival gegönnt waren. Nun ja egal, nun ist es aber soweit. 2013 hat das Festival auf dem Drispenstedter Flugplatz seinen 14. Geburtstag und dies muss natürlich gefeiert werden. Mit HIM, FRONT 242, ASP oder auch NIGHTWISH in der ersten Reihe hat man wieder einmal namhafte Bands engagiert, aber auch der Rest des LineUps bietet wie so oft für jeden Geschmack der dunklen Szenegänger so einiges.
FREITAG
Traditionell beginnt das Festival natürlich schon am Freitag, allerdings werden wir vor Ort mit weniger traditionellen Dingen konfrontiert, denn die Parkplatzflächen und zudem noch die Parkordnung auf den jeweiligen Flächen bieten doch einige Neuigkeiten. Nun ja diese Überraschungen sind dann aber schnell verarbeitet, weniger schnell ist dann die lange Strecke zum Zeltplatz zurückgelegt, denn die ist zumindest vom Parkplatz 4 nicht ganz so gering. Auch die Suche nach einer geeigneten Fläche für vier Zelte ist bereits um halb Vier Uhr gar nicht mehr so einfach, denn auffällig früh ist der Besucherlevel schon immens hoch. Aber auch dies wird natürlich in langjährig errungener Routine mehr oder weniger schnell bewältigt mit freundlicher Unterstützung mit kühlen Erfrischungen aus der Blechbüchse. Jetzt ist die gemütliche Zeit angebrochen mit Grillen, Bierchen, Quatschen, Leute beobachten und Lästern. Zu späterer Stunde ist dann noch der Besuch in der Hangardisco auf dem Programm, doch halt, wieder etwas ist neu denn es gibt keine Tanzveranstaltung im alten Hangar mehr, denn eine nagelneue Halle wurde auf dem betonierten Festivalgelände hochgezogen und wird nun als Ort für Tanz, Lesungen und Modenschau genutzt. Leider zeigt sich die Akustik hier nicht sonderlich gut und so halten wir nicht so lang durch und gönnen uns dann lieber eine Mütze voll Schlaf um für den folgenden Tag gerüstet zu sein.
SAMSTAG
Morgenstund hat Gold im Mund heißt es ja so schön und seit geraumer Zeit bemerkt man als beruflicher Frühaufsteher, dass das mit dem langeN Schlafen auch am Wochenende nicht mehr so richtig klappt. So auch hier ist die Nacht schon sehr früh beendet. Aber der Schwarze heiße Nektar lockt ja auch schon und gibt dann den letzten nötigen Anschwung um dann das Festivalgelände zu entern.
Der erste Akt des Tages sind LORD OF THE LOST, die ich zu Gesicht bekomme. Die in Hamburg gegründete Truppe hatte letztes Jahr mit dem Album „Die Tomorrow“ eine starke Fortsetzung ihrer noch jungen Karriere hingelegt. Sehr routiniert und mit einem tollen fetten Sound ziehen sie auch heute schon eine für die Uhrzeit beachtliche Menge an Zuschauern vor die Bühne, die das dunkle rockige Treiben von Chris „The Lord“ Harms und seiner Truppe begutachten und auch gut mitgehen. Besonders ihre allererste Singleauskopplung aus dem Jahre 2009 „Dry The Rain“ wird gefeiert und hinterlässt auch bei mir einen sehr guten Eindruck.
Der nächste zu erwähnende Auftritt ist der der 2011 gegründeten Band OST + FRONT, die sich als neuerer Vertreter des Neuen Deutsche Härte Genre im Fahrwind von RAMMSTEIN in die Ohren vieler Fans gespielt haben. Und was steht auf dem Programm? Provokation in Perfektion wo man nur hinschaut und hinhört. Man grast recht eindrucksvoll alle Themenbereiche ab, die die schon genannten Vorbilder einst berüchtigt gemacht hatten. „Denkelied“ als „Hackebeilchen“-Variation funktioniert dabei genauso eindrucksvoll wie das Stück „Jihad“ oder „Fleisch“, bei dem doch tatsächlich ein Kleinwüchsiger dem Zuschauern Fleischstückchen zuwirft. Keine Ahnung ob die echt sind,… Sonst gibt es natürlich die typischen gewaltigen Gitarrenriffs und die ebenso bekannten tiefen Gesangslinien. Nicht Neues in Summe, aber da RAMMSTEIN für dieses Festival wohl schon lange zu groß und teuer sind ist diese Band ein netter Ersatz.
END OF GREEN und auch die Hangar Bands dieser Zeit habe ich leider nicht zu sehen bekommen, erst zum Beginn von MESH ist meine Aufmerksamkeit wieder der Musik gewidmet. Seit jeher sind MESH eine gute Live Band obwohl gerade Synthie Pop Bands, zu denen man sie ja zählen müsste, live nicht immer besonders aufregend sind.
Aber die Musik der aus Bristol stammenden Band verbreitet auch ohne große optische Geschehnisse auf der Bühne richtig gut Energie, sodass man immer geneigt ist das eine oder andere Tänzchen hinzulegen. Es werden viele gute Stücke vom neuen Album „Automation Baby“ gespielt, aber es sind natürlich die Klassiker wie „You didn`t want me“; die die Fans erst so richtig aus der Reserve locken.
SALTATIO MORTIS locken danach mächtig viele Zuschauer vor die Bühne. Die Musik von dieser Band ist nicht meine, allerdings ist es schon bemerkenswert, mit welcher Energie sie auf der Bühne agieren und die Menge mitzureißen wissen.
Ähnlich verhält es sich mit THE CRÜXSHADOWS denn auch die haben unzählige Fans, aber ich kann mich mit diesem Klettermaxe mit Headset einfach nicht anfreunden und finde die Liveauftritte mit den ganzen Tänzerinnen einfach nur affig. Würde eher in eine Bravo Show passen. Hübsche Haare, nette Tänzerinnen, obligatorisches Lautsprecher beklettern,…alles Choreo und nichts Spontanes.
Ich gehe dann mal lieber das erste Mal dieses Jahr in den Hangar um zu schauen was Daniel Myer mit HAUJOBB so veranstaltet. Immer irgendwie Kult, was der Herr Myer so treibt, aber letztlich lieb der absolute Erfolg doch irgendwie aus. Auch heute ist der Besucherandrang eher gering. Aber es gibt jede Menge herrliche hochtechnische Electrosounds auf die Ohren der Anwesenden und auch einige EBM taugliche Stücke, lassen so manchen Stiefel in der Halle in Bewegung setzen.
Gestern noch die neue CD „Nimmermehr“ veröffentlicht und heute schon auf der Bühne und das Programm vorstellen. Die Rede ist von der Gruppe MONO INC., die sich inzwischen großer Beliebtheit erfreuen. Das hat zum einen mit einer guten und energischen Leitung bei den Bühnenauftritten zu tun, aber leider für mich auch damit, dass man sich so ein bisschen in die so in Mode gekommende lukrative Schlagergothic Ecke begeben hat. Und genau das zeigen eben vor allem auch die neuen Titel „Heile Heile Seegen“, „Kein Weg zu Weit“, die mit ihren deutschen Texten ganz besonders kitschig und weichgespült klingen. Tja und dann packen wir noch einen Kindechor dazu und glücklich ist Jedermann,… außer mir wohl… Naja schlecht ist es ja in Summe nicht, nett auch das JOACHIM WITT zum Duett vorbei geschaut hat, aber wenn das die Speerspitzen der deutschen Gothic Szene sind, werd ich ganz schön traurig. Ganz nett ist dann aber das Coverstück „The Passenger“ gelungen, wirklich gut gemacht. Das Kopf der Band Martin Engler aber in jeder Ansage Süßholz raspelt oder Werbung für seine Produkte macht, finde ich wirklich etwas überzogen.
Tut mir ja echt Leid, dass ich nun schon wieder klagen muss, aber warum spielen DEINE LAKAIEN denn akustisch auf der Main Stage? Schon vor einigen Jahren ging der Auftritt mit Orchester doch schon total stimmungslos unter. Ist sicherlich im richtigen Rahmen eine ganz tolle Sache, aber Open Air wo viel vom Sound vom Winde verweht wird, nein Danke! Herr Veljanov ist charmant und elegant wie immer, Herr Horn wiedermal der zerzauste Professor, der das Piano traktiert. Wie gesagt im rechten Rahmen genial, aber ich hätte solch schöne Lieder wie „Where Are You“, „Fighting The Green“ oder „Dark Star“ doch lieber elektronisch verstärkt gehört.
So gehts dann doch noch vor Ende des Auftritts in den Hangar wo NACHTMAHR mit ihrem „Imperial Austrian Industrial“ auf dem Programm stehen. Hier kann man sich adrett gekleidete Damen anschauen und Thomas Rainer, wie er zu bollernden stampfenden Beats Titel wie „Tanzdiktator“, „Feuer Frei“ oder natürlich „Mädchen in Uniform“ raushaut. Ach, das war ja mal ganz nett die bisher weichgespülten Ohren mit ein paar Beats zu formatieren. Leider war der Sound im Hangar nicht perfekt und so erschien bereits in der Mitte der Halle alles etwas zu leise zu sein. Oder ich werd taub, kann auch sein.
Auf der Mainstage hat inzwischen ASP die Massen wie magisch angezogen, denn das gesamte Areal ist voll mit Menschen. So voll habe ich die Fläche vor der Bühne selten gesehen. Und der markant ausschauende Dark Rocker mit hohem Hang zum künstlerischen hat die Masse perfekt im Griff. Toll auch inzwischen die pompöse Lichtshow, die das musikalische Treiben eindrucksvoll unterstützt. Das es nun auch jede Menge Pyrotechnik gibt, passt ja zu Stücken wie „Ich will brennen“, aber vor allem „Ich bin ein wahrer Satan“ ist auch immer wieder eindrucksvoll zu erleben. Hut ab auch, dass ASP noch dem verstorbenen Pete Steel von TYPE O NEGATIVE huldigt und dann auch noch eine sensationell gute Coverversion von „Kill You Tonight“ hinlegt. Besser wirds nicht also wieder ab in den Hangar.
Denn nun kommen THE KLINIK, die belgische Post-Industrial Ikone um Dirk Ivens hat mir schon so manche geniale Industrial Stunde beschwert, aber das dies heute auch wieder gelingt hätte ich gar nicht so erwartet denn der Sound im Hangar ist ja nicht immer perfekt. Aber der sitzt dieses Mal. Also Augen zu, Strobolichter flackern auch durch geschlossene Lieder, und genießen. „Hours And Hours“, „Mind Switch“, „Black Leather“ oder „Moving Hands“,…einfach göttlich intensiv was da aus den Lautsprächern fließt. Minimalistischer Sound, maximaler Effekt der durch Mark und Bein geht.
Völlig berauscht von diesem akustischen Erlebnis ist der Gang ins Freie zum Auftritt des Headliner HIM erst einmal sehr ernüchternd. Kann auch sein, dass sich das Gehör erstmal umgewöhnen muss, aber irgendwie klingen HIM sehr blutleer und auch viel zu leise. Mich würde eigentlich mal interessieren ob heute noch jemand weiß wofür HIM eigentlich steht?!? Egal… Ville hat es noch immer drauf, kaum einer beherrscht derart viele Tonlagen, aber das wird auch exzessiv zelebriert. Aber so kennen wir HIM und genau damit wurden sie auch berühmt. Als „Join Me“ angestimmt wird höre ich aus jeder Richtig ein „ahhhh“ oder „ohhhh“, da wurden wohl wieder ein Paar Mädchenherzen gebrochen. Auf der Bühne ist auch auffällig, dass Ville Valo diese Eigenart nicht abgelegt hat sich sehr oft vom Publikum abzuwenden. Nun ja vielleicht freuts die Frauen. Mir gefallen immer noch die ganz alten Titel vom ersten Album am besten. „Your Sweet Six Six Six“ ist noch immer ein tolles Stück, „Wicked Game“ natürlich auch. Das Finale ist dann zum Glück „When Love And Death Embrase“, dem für mich schönsten Titel der Finnen, denn hier hat man wahrlich einen ganz großen hervorragend funktionierenden Schmachter erschaffen, der auch in vielen Jahren noch gut sein wird. Ein bisschen komisch ist, dass nach dem Abklingen dieses Liedes alle brav von der Bühne weggehen. Ich höre kein einiges „Zugabe“ rufen. Tut man sowas beim Headliner? Achso ja „His Infernal Majesty“ 🙂
Aber egal, besser wird’s eh nicht mehr und außerdem ist die Nachtkälte sehr präsent geworden. Also husch husch ins Bettchen…
SONNTAG
Der Sonntag Morgen ist dann erstmal weniger schön, denn es ist kalt und Sprühregen ist auch nicht unbedingt das was man sich auf einem Festival wünscht. Zum Glück ist dies aber nur von kurzer Dauer. Nun steht aber leider auch das so lästige Zelte abbauen an, damit man sich später nicht mehr damit belasten muss.
Aus diesem Grunde kann von SCHWARZER ENGEL, UNZUCHT, COPPELIUS und 69 EYES nicht weiter berichtet werden, außer dass die Musik auch aus weiter Entfernung gut klingt und eine nette Begleitung zum Sachen schleppen ist.
So sind es dann auch leider erst APOPTYGMA BERZERK von denen wieder berichtet werden kann. Die Norweger um Stephan Groth haben ja auch einige Band interne Turbolenzen hinter sich, finden sich nun aber heute hier auf der Mainstage wieder. Nun ja und für uns Zuschauer ist es eigentlich egal wer in der Band die Knöpfe drückt, Hauptsache Stephans Stimme ist da. Und auch heute weiß man die Zuschauer zu begeistern. Titel wie „Kathy`s Song“; „Starsign“ oder „Until The End Of The World“ funktionieren einfach immer und als man dann auch noch die NDW Hymne „Major Tom“ anstimmt haben APOPTYGMA BERZERK auch den letzten Zuschauer auf dem Gelände überzeugt.
Im Hangar gehts inzwischen auch heiß her denn dort haben KIRLIAN CAMERA die Bühne betreten und wenn Sängerin Elena Alice Fossi mit ihrer unglaublichen Aura die Zuschauer bezirzt sollte man nicht fehlen. Mastermind Angelo Bergamini versteckt sich wie so oft hinter einer schwarzen Skimaske und zeichnet sich kontraststark vor der Leinwand ab. Die deutlich agilste Person ist aber Sängerin Elena, die mit ihrer körperlichen und stimmlichen Präsenz eine Wohltat für Ohren und Augen ist. Highlight des Auftritts ist das Stück „Eclipse“ welches die wohl beste Schaffenszeit der italienischen Band repräsentiert.
Eine Band, die ich in deren jungen Jahren ganz gern hatte steht nun auf der Mainstage. Gemeint sind BLUTENGEL, deren kitschiges Gehabe auf der Bühne mir allerdings inzwischen wirklich nicht mehr gefällt. Ich meine, auch die Musik hat stellenweise den Schmerzgrad an Kitsch schon überschritten, aber das sei ja noch verziehen. Aber die Pyros, die Tänzerinnen, die Fackeln…manchmal ist weniger mehr, nur so leider wird die Musik zur Nebensache. Sonst ist alles wie gehabt, Chris Pohl weiß die Fans zu begeistern und auch die Duette mit Ulrike Goldmann sitzen noch immer sehr gut. Bei den Zuschauern merkt man einen Zwiespalt, die einen finden es toll, andere Wiederum hassen es. Chris Pohl polarisiert halt, leider auf eine andere Art und Weise wie früher bei TERMINAL CHOICE.
Eigentlich hätte nun Chris Corner mit IAMX im Hangar spielen sollen. Leider musste dieser aber gesundheitsbedingt absagen. Die Ersatzband ZEROMANCER möchte ich heute allerdings nicht mehr sehen, der Akku ist schon recht leer und die Restmengen an Energie werden dem nächsten Highlight auf der Hauptbühne zugeteilt.
Denn nun kommen die EBM Ikonen FRONT 242 aus Belgien, die seit jeher als die EBM Legende schlechthin gelten. Ihre Auftritte variierten in der Vergangenheit durchaus mit verschiedenen Stilorientierungen. Mal furios technoid wie zum Beispiel zu Reboot Zeiten, oder auch zuletzt immer wieder minimalistisch im Old School Look. Heute ist ein eher energischerer Auftritt von Jean-Luc De Meyer und Daniel Bressanutti zu beobachten, die gewohnt dynamisch als Front Duo fungieren. In blauen Overalls chick im Partnerlook heizen sie der frenetische Menschenmenge gut ein. Selbstverständlich kommen Hits wie „No Shuffle“, „Happiness“ oder „Body To Body“ aber ein Stück ist natürlich immer das Highlight eines jeden FRONT 242 Auftritts. und das ist „Headhunter“ welches die Elekroheads vollends glücklich macht.
Es gab mal Zeiten, da konnten sich die FRONT 242 Anhänger nicht damit abfinden, dass es noch einen höher rangierten Headliner gibt und bedachten diese seinerzeit sogar mit fliegenden Getränkespenden. Heute geht das alles weitaus harmonischer zu Ende. Weit weniger toll schaut es am Himmel aus, welcher dem bis hierhin doch guten Wetter einen kurzfristigen Gar aus machen könnte. Da der Akku nun vollends leer ist endet das Festival an dieser Stelle nun mit seiner Berichterstattung. FRONT LINE ASSEMBLY wären zwar noch einen Stop Wert gewesen, aber egal. Auch NIGHTWISH muss man nicht schon wieder sehen und so wird das Festivalgelände nach einem wieder einmal herrlichen Wochenende hinter sich gelassen.
Laut offizieller Seite war das Festival ab Sonntag Nachmittag mit 25.000 verkauften Karten ausverkauft. Dies ist gleichzeitig Besucherrekord! Gratulation hierzu!
Die Frage ob man wieder kommt stellt sich ja gar nicht erst. Die schon bestätigten Bands für das 15. M’era Luna klingen auch schon ganz gut in den Ohren, denn mit And One, Deine Lakeien, Subway to Sally, Lacrimas Profundere, Faun, Laether Strip, Letzte Instanz, Das Ich, Stahlmann, Feuerschwanz, The Beauty of Gemina und Sündenklang ist wieder für jeden was dabei! (michi)
Folgend noch einige Besucherimpressionen: