LIVEBERICHT

TOM TOXIC & DIE HOLSTEIN ROCKETS :: Gartenparty


Live auf dem Deich Jamboree, Campingplatz Dahme am 28.07.2012
(Text und Fotos © Chris)

Als wir unseren Urlaub geplant haben, wussten wir noch nicht genau, an welchem Tag wir losfahren, allerdings hat uns Tom Toxic diese Entscheidung abgenommen, denn am Samstag, den 28.07.2012 spielen sie zusammen mit VOODOO & THE HEADSHRINKERS auf dem Campingplatz in Dahme. Und wer mich kennt, weiß, dass ich den Kieler Rockabillys sehr verfallen bin, also wurde kurzerhand die gesamte Anreiseroute geändert und wir machen uns auf nach Dahme. Wir haben nur eine Baustelle auf den knapp 400 Kilometern, aber die reicht von Hannover bis Neustadt in Holstein und dementsprechend sind wir mehr als sieben (!) Stunden unterwegs. Unterwegs bin ich schon der festen Überzeugung, dass wir die Bands nicht mehr sehen, aber irgendwann kommen wir an. Für Besucher des Konzerts gibt es einen Wiese zum Campen, die einen Fünfer pro Nase kostet und der Gig selbst schlägt mit 4 Euro zu Buche.

Die „Bühne“ sieht auch für Laien ziemlich improvisiert aus und die komplette Ausstattung von Sound über Licht ist einer kuscheligen Gartenparty im Kreise von Freunden durchaus würdig. Es tauchen auch eine gute Handvoll Rockabillys und Rockabellas auf, aber auch „normale“ Gäste des Campingplatzes wollen sich die Bands anschauen, was für eine bunte Mischung sorgt.
Ich persönlich finde es geil, auch wenn sich eine ältere Dame zu uns gesellt und permanent schimpft „warum das Licht noch nicht fertig sei“ oder „warum die noch nicht anfangen, es ist doch schließlich bereits Neune“. Gnampf.

Ja, es verzögert sich tatsächlich alles ein wenig und man kann durchaus den Eindruck gewinnen, dass VOODOO & THE HEADSHRINKERS irgendwie lieber noch ein Pils genießen, aber irgendwann gibt es kein zurück mehr.
Eigenkompositionen der Band sind mir leider nicht bekannt, aber mit Covers von „I got rhythm“, „Cry, cry, cry“, „All shook up“ werden gute Standard im Rocka- oder Psychobilly runtergehobelt und unterhalten vor allem die angereisten szenekundigen Beamten bestens. Cool kommt auch der Einsatz der Mundharmonika, der dem Sound eine weitere Facette verleiht Zum „Entertainment“ trägt auch Sänger Bratwurst bei, der (eventuell etwas alkoholisiert) interessante Ansagen macht; z.B. gibt er zum Besten, dass es um Sex, Drugs & Rock’n’Roll geht und der Drummer auf diesem Männer sucht. Als sich der Gig dem Ende zuneigt, möchte Bratwurst noch „Johnny B. Goode“ anstimmen, was aber vehement vom Gitarristen verweigert wird.

Uns hat’s gefallen, für die „normalen“ Besucher war es allerdings etwas zu crazy, wie man mancherorts hört.

Danach kommen meine Lieblinge von TOM TOXIC & DIE HOLSTEIN ROCKETS. Dafür noch mal meinen Dank und Gruß an Michi, der mich mit der Band bekannt gemacht hat.

Danny Danger (g), Sweet Babydoll (d), Harley Fischer (b) und natürlich der toxische Tom himself (v, g) starten die Rakete mit „Start frei“ und der Rockabilly-Party steht nichts mehr im Wege. Ich bin mir nicht sicher, aber die Songs, die TOM TOXIC & DIE HOLSTEIN ROCKETS geschrieben haben, und die NICHT als Hit klassifiziert werden können, kannst du definitiv an einer Hand abzählen.

Heute abend gibt es (unter anderem und ohne Gewähr): „Start frei“, „Wieder unterwegs“, „Das ist Rock’n’Roll“, „Holsteinbilly“, „Keine Zeit (Mama)“, „Blaue Wildlederschuh“, „Kreaturen der Nacht“, „Geh mir aus den Augen“, „Folsom Prison Blues“, „Ein Leben (voller Rock’n’Roll)“, „Total verrückt“, „Die alte Kutte“, „Montach morgen“, „Freitach Nacht“, „Jack & Jim“, „Strassenkreuzer“, „Christine“, „Hot Rod Rebell“, „Holstein Rockets Rock“, „Vollmond über Holstein“.
Weil das Publikum noch nicht genug hat und die Band die Bühne noch nicht verlassen mag, auch wenn es mittlerweile erste körperliche Ausfallerscheinungen gibt, ist man gezwungen den Start ein erneutes mal freizugeben, aber denn ist endgültig Schluss!

Es macht der Band einfach Spaß zuzuschauen, denn optisch ist immer was dabei: Sweet Babydoll spielt die Standup-Drums heute Abend, bis wirklich nichts mehr geht und zum Ende des wirklich langes Gigs bekommt die Ärmste sogar Krämpfe! Aber sogar dabei sieht sie hinreißend aus! Harley Fischer bearbeitet seinen Bass mit Inbrunst und die Gitarrensoli von Danny Danger sind der absolute Wahnsinn! Darauf stehe ich besonders! Dazu noch Toms Gesang und die Texte, die aufgrund der vielen Details belegen, dass Tom ein sehr guter und feiner Beobachter ist und schon könnte ein Konzertabend gar nicht besser laufen. Wird er aber noch. Da wir am Beginn unseres Schweden-Urlaubs sind, gehe ich mit Fotos und Videos eher sparsam um, aber „Die alte Kutte“ möchte ich mir, wie bereits im Mai in Wien, auch auf Video bannen. Und ich will ja nicht angeben, aber dass Tom dieses Lied mir und somit meiner Kutte widmet (und ich das sogar ungeplanter Weise auf Video festgehalten habe), zaubert mir auch zwei Wochen später (und auch in zwei Jahren) noch ein wirkliches Lächeln auf’s Gesicht.

TOM TOXIC & THE HOLSTEIN ROCKETS stehen in meinem persönlichen Rekord-Buch als die Band mit dem größten Nord-Süd-Gefälle. Das heißt zwischen zwei Gigs, die ich von ihnen gesehen habe, nämlich in Wien und Dahme liegen ca. 1200km. Das ist doch mal was. Interessant auch die nordische Art, die sich in folgendem Dialog widerspiegelt: „Hey Tom, geile Show! Und vielen Dank für die Widmung, da freue ich mich tierisch drüber!“. „Bidde.“ Kein Schnickschnack.

Dieser Abend hatte Charme, soviel ist sicher und wer da war, wird diese intime Gartenparty sicher nicht vergessen. (chris)