FILM+HÖRSPIEL

FILM „Dario Argento’s Dracula 3D“ (Horror)

Originaltitel: Dracula 3D

Produktion: Frankreich / Italien / Spanien, 2012

DVD-Veröffentlichung: 28.08.2014

Wertung: geht so

Regie: Dario Argento

FSK: 18

Darsteller: u.a. Asia Argento, Marta Gastini, Thomas Kretschmann, Rutger Hauer, Unax Ugalde…

Genre: Horror

Studio: Koch Media

Inhalt:
Der unbescholtene Buchhalter Jonathan Harker macht auf seiner Reise von England nach Transsylvanien zum Schloss des Grafen Dracula eine grausame Entdeckung: Der umtriebige Graf verhält sich alles andere als adelig und labt sich bei seinen nächtlichen Spaziergängen am Blut der Dorfbewohner. Als Jonathan die Flucht aus dem Horrorschloss gelingt, hat der Spuk jedoch kein Ende. Dracula hat ein Auge auf Harkers Frau Mina und deren Freundin Lucy geworfen. Jetzt kann nur noch einer helfen: Vampirjäger Professor Abraham Van Helsing …

Dario Argento. Ein Meister. Ein Visionär. Der Mann, der mit „Profondo Rosso“ und „Suspiria“ epochale Meilensteine des visionären Kinos geschaffen hat. Nach „Dario Argentos Phantom der Oper“ wagt er sich wieder an einen altbekannten Stoff, nämlich Bram Stokers „Dracula“ und alles was man über den Film bisher lesen konnte, war mehr oder minder vernichtend.

Aber ich bin abgehärtet und freue mich auf den Film… aber was soll ich sagen?! Ich habe selten einen so schlecht inszenierten Film gesehen! Anders als man es vom Maestro gewohnt ist, ist der Spannungsbogen diesmal so flach wie eine Hühnerbrust, der Erzählfluss so stockend, dass ich glaube, gleich kommen Christine Hörbinger, Veronika Ferres und Heino Ferch ins Bild gestümpert und machen mit beim hölzernen ZDF-Gruselstadl.

Die Geschichte wird von Argento leicht verändert, aber das ist generell begrüßenswert, denn so erhält der Film die Chance, ungeahnte Wendungen zu nehmen; allerdings wird diese Chance so unglaublich leichtfertig verspielt, dass es mir beinahe den Atem raubt. Es wird etwas expliziter Sex und einige brutale Szenen eingefügt, aber weder Sex noch Crime kann das Mach- zu einem Kunstwerk stilisieren.

Die schauspielerischen Leistungen sind extrem blutleer und die Ikone Rutger Hauer, der wie im Vorfeld erwartet, den Film retten würde, spielt so, wie ich mich nach dem mächtigsten Besäufnis der Welt fühle. Schlecht. Der einzige Lichtblick, von einigen wenigen guten Momenten von Thomas Kretschmann (Draula) abgesehen, ist der Auftritt von Marta Gastini, die Mina Harker mit einer so erfrischenden Natürlichkeit und Liebenswürdigkeit spielt, dass sie aus dem Ensemble hervor strahlt und die Kollegen noch älter aussehen lässt.

Die Spezialeffekte wechseln zwischen unglaublich miserablen CGI-Effekten („Höhepunkte“: der Verwandlung von einem Wolf zum Menschen und die Heuschrecke (!!!)…) und der Qualität von tschechischen Märchen aus den 70er Jahren (plötzliches Auftauchen im Bild). Das ist beides einem Genius nicht angemessen und bestürzt mich.

Die Szenenbilder erinnern, wenn sie nicht gerade am Computer hingepixelt wurden, mitunter an Hammer-Filme und das sorgt tatsächlich für einen Hauch von Atmosphäre, der allerdings so schnell verfliegt, wie er gekommen ist. Überhaupt ist es das größte Manko des Filmes, dass man es nicht schafft eine gotische Atmosphäre zu zaubern und die Personen der Epoche entsprechend wirken zu lassen; stattdessen agieren die Schauspieler in manchen Szenen wie Trampel aus dem Bahnhofskino.

Manche Filme sind ja so schlecht, dass sie Spaß machen, aber dieser entscheidende Faktor ist bei „Dracula 3D“ leider in keiner Weise gegeben. Wäre ich jetzt ganz gemein, würde ich diesen Film mit den Universal / Hammer-Filmen oder gar dem opulenten 1992er Francis Ford Coppola-Meisterwerk vergleichen, aber ich fürchte, dass Christopher Lee Klage einreichen und einer meiner All-time-favourites Peter Cushing sich in seiner Gruft umdrehen würde.

OK, es gibt sehr viel Schatten, wie es der Geschichte entspricht, aber wir wollen das Licht auch nicht verschweigen: Marta Gastini habe ich bereits erwähnt, aber auch die eine Szene, in der Dracula mit einigen Verschwörern aufräumt, ist eine hervorragende Kampf- und Meuchelszene geworden, die schön umgesetzt wurde. Einige wenige Kameraeinstellungen sind tatsächlich des Meisters würdig und der Sound verdient ein Extralob, kommt er doch sehr gut gemischt aus allen Boxen und sorgt somit für schön räumliche Effekte.

Ein Lichtblick ist auch, dass Koch Media sich dieses Filmes angenommen haben und so den Jüngern des Meisters ermöglichen, die Sammlung zu komplettieren. Ob man den Film als DVD, Blu-Ray oder in der 3D-Variante ganz oben auf das Regal stellt, bleibt dann jedem selbst überlassen. Der Bonus (auf der vorliegenden DVD) besteht aus Trailern, einem Musikvideo und einem Interview mit dem Meister.

Aber trotzdem: wo sind die genialen Kamerafahrten, die großzügigen Licht- und Farbenspiele, der Erzählgenius, der einem den Atem stocken lässt? Wo ist Dario Argento? Auch nach der langen Durststrecke, die ein Argento-Fan dank der letzten, eher (unter)durchschnittlichen Filme, durchmachen muss, bleibt Signore Argento auf der Liste der Personen, denen ich einmal die Hand schütteln möchte, ganz weit oben. Jede Liebe muss manchmal schwere Zeiten überstehen. Love never dies. (chris)