LIVEBERICHT

NECROS CHRISTOS + GRIFTEGARD + GRAVE MIASMA :: Triumphant Doom Ritual


Bambi Galore in Hamburg am 02.04.2011

Webseiten:
myspace/worshipgravemiasma
myspace.com/griftegrd
darknessdamnationdeath.com

Wenn GRIFTEGARD in Deutschland spielen, werde ich ganz nervös, denn schließlich liebe ich die Band und die Musik abgöttisch. Von daher war es klar, dass wir irgendwie nach Hamburg fahren werden, um die Band live zu erleben. Dass der Gig im Rahmen eines CD-Release-Konzerts zu Ehren des aktuellen NECROS CHRISTOS-Meisterwerks stattfindet, die im „Bambi Galore“ in Billstedt abgehalten wird, macht es zu einem richtigen Pflichttermin in Sachen okkultem Death Doom Metals. Nachdem wir am Freitag die ersten Widrigkeiten des Tages überstanden haben (ich sage nur Streik der privaten Eisenbahnen, Umwege, Mehrkosten und Nervenkitzel inklusive), kommen wir in der Hansestadt an und nach Dom und Reeperbahn und einem Bier in der „Ritze“ holt uns das Sandmännchen zu sich.

Am Samstag findet dann das Konzert statt (was wir vorher alles erlebt haben, erspare ich euch mal, wer allerdings Wert auf einen ausführlichen Reisebericht legt, kann sich ja bei mir melden) und vorher treffen wir uns mit NECROS CHRISTOS, um ein Interview zu führen, welches ihr natürlich hier finden könnt.
Das „Bambi Galore“ ist ein kleiner, aber umso feinerer Club, der den Thekenbereich mit Balken und Bogen vom Zuschauerbereich etwas abgrenzt und komplett urig und gemütlich rüberkommt. Besonders lobenswert ist die Einstellung, dass man das „Bambi“ nicht übervoll macht, sondern die Besucherzahl so begrenzt, dass es zwar voll wird, aber nicht unangenehm ist und man sich noch bewegen kann. Vielleicht verkauft man so 20 Karten weniger, aber man kommt gerne wieder.


Was im Laufe des Abends allerdings noch etwas anstrengend wird, ist die fehlende Frischluftversorgung, denn der erste Akt des Abends, GRAVE MIASMA aus England machen „Stimmung“, in dem sie so viele Räucherstäbchen anzünden, wie sie in Hamburg kaufen konnten und ich zähle auf meinen Fotos so ca. 30 räuchernde Stäbchen pro Töpfchen. Warum das Rauchverbot nicht gleich aufgehoben wird, entzieht sich meiner Kenntnis, aber wenn alle der geschätzten 150 Anwesenden ordentlich eine durchgepieft hätten, hätte es immer noch nicht so extrem in den Augen und im Hals gebrannt. Dies ist sicherlich auch der Grund, warum sich im Laufe des Gigs immer mehr Leute nach oben verziehen, und sich den Ruß aus dem Hals würgen. Bier als Bindemittel funktioniert allerdings auch gut, denn im Laufe des Abends sind dann einige Biersorten ausverkauft.
An der Musik der Briten liegt (auch meine) Flucht jedenfalls nicht, denn der Death Metal ballert ordentlich aus den Boxen und fixt mich definitiv an, auch wenn mir beim ersten Hören der Songs vieles zu ähnlich vorkommt. Aber eine Band unter Tränengaseinsatz zu beurteilen, die man gerade das erste Mal hört, halte ich für hochgradig schwierig und möchte es dabei belassen. Wenn ich allerdings die positiven Reaktionen der Metalheads als Referenz nehme, machen Sie ihre Sache nicht nur für Außenstehende gut, sondern begeistern auch die eingefleischten Fans.
(Webseite: www.myspace.com/worshipgravemiasma)


Nach einer kurzen Umbaupause wird dann die Messe gesungen, auf die ich mich schon seit Monaten freue. GRIFTEGARD treten auf und um das Fazit vorweg zu nehmen: „Triumphzug“ ist ein Begriff, der den Auftritt ziemlich gut beschreibt. In Sachen „Bühnenaction“ hat sich im Vergleich zum Gig in Würzburg nichts verändert, Ola Blomkvist „versteckt“ sich vornehmlich weiterhin im Schatten außerhalb der Spots, während Bassist Thomas Jansson den Aktivposten der Band darstellt. Schlagzeuger Jens Gustafsson, der heute irgendwie kränklich aussieht, legt einen hervorragenden Job hin und ich weiß auch gar nicht, was schwieriger ist: einen ordentlichen Blast zu trommeln oder bei den schleppenden Kompositionen GRIFTEGARDs auf die Millisekunde genau zu punkten. Ich bin jedenfalls jedes Mal wieder auf’s Neue begeistert, wenn ich Jens trommeln sehen darf. Begeisterung ruft aber auch die Gitarrenarbeit von Per Broddesson bei mir hervor. Seine Soli gehen so unglaublich tief, dass man vor Glückseligkeit alles um sich herum vergisst. Der Part bei „Punishment & Ordeal“, bei dem nur seine Gitarre und Thomas Erikssons Stimme die kleine Halle füllen, macht mir auch jetzt noch Gänsehaut. Auch der Solopart in diesem Song ist ohne Zweifel das Schönste, was man so auf die Ohren bekommen kann. Die anderen Songs des Abends sind an sich schon Meisterwerke, aber die intime Atmosphäre im „Bambi“ und die intensive Darbietung der Band, und allen voran Thomas Erikssons Predigt hinter der Kanzel lassen die schwere Stimmung beinahe greifbar werden. Thomas E. ist für mich einer der eindrucksvollsten Sänger, die ich bisher erleben durfte, auch wenn mir auffällt, dass bei manchen Songs mal ein Satz fehlt, was ich allerdings nicht weiter als negativ bewerten würde. Für mich gehört es eh‘ zu einer guten Liveperformance , wenn man sich den (persönlichen) Gegebenheiten spontan anpassen kann, denn wir sind ja keine Maschinen.

Die Setlist ist im Vergleich zum Hammer of Doom-Gig verändert bzw. erweitert, was ich naturgemäß als ganz hervorragend empfinde! „Charles Taze Russel“, „Punishment & Ordeal“, das rabenschwarze „Paul Gustave Dore“ und der Übersong „Wedded to Grief“ werden vom großartigen „The Mire“ abgerundet und sowohl auf Konserve, als auch Live ist es wahrscheinlich der „eingängigste“ und klassischste Doom-Song, der CANDLEMASS-Jünger scharenweise auf den GRIFTEGARD pilgern lassen wird.
Kaum sind die letzten Töne verstummt, merkt man, dass die Hingabe der Band zigfach vom Publikum zurückgegeben wird und GRIFTEGARD werden mit frenetischen „Zugabe“-Rufen gezwungen, die Bühne nochmals zu entern! Das tun sie nach kurzer Diskussion auch gerne und machen den Anwesenden mit „A Deathbed for all Holy“ noch eine Riesenfreude.
Auch wenn ich das Gefühl habe, dass bei dem Gig weniger Leuten anwesend waren, als bei den anderen Bands, ist der Enthusiasmus deutlich höher, denn der Jubel während und nach dem Gig und die Tatsache, dass man die Schweden nicht so schnell gehen lassen möchte, spricht eine deutliche Sprache. Wenigstens ist das der Eindruck, den ich an dem Abend gewonnen habe, aber meine Objektivität ist beim Thema GRIFTEGARD doch eher unbrauchbar. Fazit: Ein unglaublicher Auftritt einer unglaublichen Band mit unglaublichen Musikern und Menschen.
(Webseite: www.myspace.com/griftegrd)


Jetzt wird am Merchandise-Stand geshoppt, der Bierpegel wieder korrigiert (noch gibt’s genug davon) und nach kurzer Zeit geht die Sause auch schon weiter. Nun wird das „Bambi Galore“ auch richtig voll und man weiß, warum die Fans mehrheitlich vor Ort sind: NECROS CHRISTOS. Ihr aktuelles Album „Doom of the Occult“ ist ein kleines Meisterwerk geworden, welchem ich im Review schon ausgiebig gehuldigt habe. Nun ist es aber umso spannender zu erleben, wie die Band diesen Opus live umsetzen wird, zumal ich die Gelegenheit hatte, einen Teil der Band vor dem Gig bei einem Interview kennen zu lernen und daher weiß, dass ein Mors Dalos Ra nichts im Zusammenhang mit der Band dem Zufall überlassen würde. Aber das braucht er auch nicht, denn die Meute vor der Bühne ist einfach heiß wie das Höllenfeuer auf den Gig der Band, die Live nicht sehr häufig in Erscheinung tritt. Und was soll man sagen? Intensiv, atmosphärisch und musikalisch beinahe vollkommen ist das Ritual, welches die Vier auf der kleinen Bühne zelebrieren. Die Songs kommen so intensiv aus der PA gedonnert, dass du gar nicht mehr weißt, ob du Engelchen oder Teufelchen bist und der abgrundtiefe Gesang von Mors Dalos Ra bringt die Gewölbe zum Erzittern. Die grandiosen Gitarrensoli werden nicht nur von Mors Dalos Ra, sondern auch von The Evil Reverend N in die Menge der Gläubigen gefeuert und setzen den einen oder anderen Kontrast zu den bösen Riffs, die die Beschwörungen begleiten.
Ganz wichtig, damit die monströsen Doomparts auch richtig wirken, sind die beiden Personen, die für den Herzschlag der Musik sorgen: Raelin Iakhu (d) und Black Shepherd ov Doom am Bass, aber das Kollektiv besteht nur aus eingefleischten Könnern und so gibt es hier rein gar nichts zu bemängeln.
Die Songauswahl ist hervorragend und neben meinen Lieblingstracks „Necromantique Nun“ und „Descending into the kingly Tomba“, stammen auch noch „Baal of Ekron“, „Hathor of Dendera“ (welches GRIFTEGARD gewidmet wird), „Succumbed to Sarkum Pagum“, „Visceras of the embalmed deceased“ und „The Pharaonic Dead“ (welches GRAVE MIASMA gweidmet wird) vom aktuellen Album und werden angereichert mit den älteren Tracks wie „Curse of the Necromantical Sabbath“ und dem abschließenden „Black Mass Desecration“. Auf Einspielungen der „Temples“ und „Gates“ verzichtet man dieses Mal aber fast vollständig, was dem Fluss des Konzerts nicht geschadet hat, aber ich könnte mir auch einen „größeren“ Konzertabend vorstellen, bei dem noch mehr Wert auf die Atmosphäre gelegt werden kann, wie er auf den CDs / LPs zelebriert wird.

Auch hier muss man sagen, dass es einfach großartig ist, die Band auf der Bühne bei ihrem Ritual zu erleben, was die Gläubigen vor der Bühne auch so sehen und die Band nach allen Regeln der Kunst abfeiern, was sie sich aber auch verdient hat.
Professionell, aber mit einer großen Hingabe und viel Inspiration spielen sich NECROS CHRISTOS in die Herzen und Hirne der Menschen vor der Bühne und wenn man sich für alte Religionen, Gottheiten, spirituelle Dinge und Riten in Verbindung mit derben Death /Doom Metal interessiert, sind NECROS CHRISTOS das Maß der Dinge.
(Webseite: www.darknessdamnationdeath.com)

Nach dem Gig verabschieden wir uns von neuen und wiedergetroffenen Freunden und mein Herz wird schwer, bei dem Gedanken, die Leute so schnell nicht wieder zu sehen, ist der Umgang miteinander doch stark von Respekt und Freundschaft geprägt.

Das Wochenende war ein echter Knüller, was u.a. diesen Personen geschuldet ist: Kathi, Sven +1, Ola (und den Grifteboys), Mors Dalos Ra (stellvertretend für alle aktuellen und ehemaligen Mitglieder von NECROS CHRISTOS), Wolf, jeder Brauerei, deren Bier ich trinken durfte und Michi, der uns vom Bahnhof abgeholt und damit einen quälenden Fußmarsch erspart hat. (chris).