REVIEW

FILM „Blut an den Lippen“ (Horror Sexploitation)

Originaltitel: LES LÈVRES ROUGES

Produktion: Belgien/Frankreich/Deutschland 1971

DVD Veröffentlichung: 10.05.13

Wertung: Gut

Regie:  Harry Kümel

FSK: ab 16

Darsteller: Delphine Seyrig, Andrea Rau, John Karlen, Danielle Ouimet

Genre: Horror

Studio: Bildstoerung (Alive AG)

 

Produktbeschreibung:

Ostende: Frisch vermählt machen Valerie und Stefan ungeplant Zwischenstopp in einem leeren Luxushotel an der Küste. Es ist Jahresende, die Saison ist vorbei, sie sind die einzigen Gäste. Vorerst. Denn noch in derselben Nacht betritt eine geheimnisvolle Gräfin in Begleitung ihrer Sekretärin die Lobby und fragt nach einem Zimmer. Stefan ist sofort wie gebannt von den beiden Neuankömmlingen. Als der Portier aber ihren Namen hört, wirkt er äußerst irritiert: 40 Jahre ist es inzwischen her, und doch ist die Gräfin keinen Tag gealtert? „Das war meine Mutter“, ist die kurze Antwort. Am nächsten morgen schreibt die Zeitung von einer weiteren jungen Frauenleiche, der jeder Tropfen Blut fehlt…

Harry Kümels wohl bekanntester Film BLUT AN DEN LIPPEN, den nicht wenige Kritiker mit Nicolas Roegs WENN DIE GONDELN TRAUER TRAGEN vergleichen, ist Kinomagie pur: Vampirismus und 70er-Jahre-Erotik treffen auf edelste Bilder und eine einzigartige Atmosphäre. Diese Mischung setzt sich fort bis in die Besetzung: Neben dem damaligen Sexfilmsternchen Andrea Rau zeigt der Film die Grande Dame des europäischen Kunstfilms, Delphine Seyrig (LETZTES JAHR IN MARIENBAD), in der wohl atemberaubendsten Rolle ihrer Karriere. Als hätte Josef von Sternberg mit Marlene Dietrich dem europäischen Bahnhofskino der 70er ein filmisches Denkmal setzen wollen. Diese Kleider!

Kommentar:

Entstanden in den frühen 70er Jahre als die sexuelle Freizügigkeit auf der Kinoleinwalt Einzug hielt. Dementsprechend beginnt der Film auch mit einer kurzen Szene aus fleischgewordener Leidenschaft des jungen Ehepaars.

Mit einer Mischung aus Horror/Grusel Film und sexuellem Pop Art geht man nach einem bewährten Muster vor, welches uns die Geschichte der ungarischen Lady Bathory nähre bringt, die ihre Opfer mit ihren Reizen umgarnt und verführt. „Horror Sexploitation“, wie es so schön im umfassenden Booklet beschrieben steht. Das Kümel hier die Vampirin Lady Bathory als lesbisch anmutende Schönheitssüchtige beschreibt, die ständig auf der Suche nach jungem Fleisch und schöner Haut ist, erscheint nicht abwägig, zumal auch vorherige Gruselfilme über Vampire oder die Gräfin Bathory ähnlich erotische Ansätze nicht verleugnen können.

Toll sind wie so oft im Kino dieser Zeit sind die Kulissen, die Frisuren, die Kleider und die Farben sensationelle Zeugnisse dieser Zeit und geben dem Film einen perfekten Charakter.

Nach heutigen Maßstäben kann der Film natürlich weder mit dem gezeigten nacktem Fleisch noch mit dem Horror oder Blut noch jemanden schockieren. Obwohl die finale Szene der Gräfin schon optisch sehr ansprechend ist und diese dem zuvor gezeigten nochmal eine Schippe drauf legt. BLUT AN DEN LIPPEN hat noch immer eine tolle Stimmung, welche jedem Gruselfilm Freund dieser Zeit Freude bereiten sollte.

 

Bonusmaterial:

– alternative deutsche Kinofassung des Films

– Audiokommentar von Regisseur Harry Kümel

– Interview mit Regisseur Harry Kümel

– kommentierte Bildergalerie

– Opening-Credits der US-Kinofassung inkl. Filmsong

– US-Radiospots

– Booklet mit Texten von Paul Poet und Björn Eichstädt