REVIEW

EXISTENT „Kartenhaus“ (Deutschrock/Metal/Punk)

EXISTENT

„Kartenhaus“
(Deutschrock/Metal/Punk)

Wertung: Gut

VÖ: 23.07.2021

Label: Eigenproduktion

Webseite: Homepage / Facebook

Die Hamburger Formation legt mit „Kartenhaus“ ihre zweite VÖ nach dem 2016er Debüt „Startschuss“ vor. Das aktuelle Werk (eine EP mit 5 Tracks) ist eine wuchtige, wütende Anklage der aktuellen, gesellschaftspolitischen Verfassung des Landes. Musikalisch (und natürlich auch textlich) liegen die Wurzeln im Deutschpunk der 80er, wobei die Instrumentierung auch deutliche Anteile des modernen Metals bis hin zum Metalcore besitzt. Insgesamt scheint dieser verwegene Mix ein passender Untergrund für die kritischen Texte zu sein.

Der Titel(song) und Opener „Kartenhaus“ dient als perfekte Metapher und beschreibt einen Zustand der Welt, der aufgrund der Priorisierung der Wirtschaft, dem Hecheln nach Wachstum und dem Konsumterror, welcher einem Patienten gleicht, der im Hospiz dahinsiecht und nur noch palliativ behandelt wird. Ob, wie besungen, das Kartenhaus eines Tages einbricht oder bereits in Trümmern liegt, ist dann Ansichtssache. Die Musik bewegt sich zwischen NDH (Beginn), Metal (Schroffes Riffing, Bassläufe, Felle) und traditionellem Punk (Refrain). Nachdem man sich mit dem Klimawandel und dessen Ursachen beschäftigt, geht es gleich zum nächstem Problem, denn „im freien Fall“ bezieht klar Stellung gegen rechts, den Nahestehenden und den Ignoranten. Das Stück ist noch eine Spur härter inszeniert, sodass man die Wut spüren kann und im dreimaligen Fick Dich und einmaligen Fick dich, richtig den Mittelfinger förmlich sehen kann. Aber auch hier gelingt es, im Refrain ein wenig den Knüppel (den man außerhalb des Songs wohl gerne in der Hand hätte) zu bändigen und eindringlich (fast eingängig) zu musizieren.

„Tick Tack“ beschäftigt sich mit dem Hamsterrad Alltag. Das Rädchen im System muss funktionieren und zwar schnell und perfekt. Die Zeit rast davon und die Lebensqualität bleibt auf der Strecke. Das alles im harttreibenden Gewand, welches auch im medienkritischen „Panik“ vorherrscht.

Mit dem traurigen, tief melancholischen „Das Haus am Ende der Strasse“ wartet man zum Ende hin mit einer Überraschung auf. Sehr ruhig inszeniert und instrumental detailverliebt geht es in dem Stück über den letzten Weg, den man bis zum Ende geht. Gefühlvoll gesungen, dann noch mit diesem rauen Timbre versehen, dass versprüht Gänsehaut pur.

Fazit: Das Quartett aus Hamburg legt hier ein hartes, teils kantiges Brett vor, besticht durch tiefgehende Texte, welche sich mit Themen beschäftigten, welche leider schon seit Jahren aktuell sind. Mal Zeigefinger, mal Mittelfinger, mal Faust und auch immer wieder Spiegel. Die MCD kommt im feinen Digipack samt Booklet daher. Pro verkauftem Exemplar von „Kartenhaus“ wird 1 Euro an die Meeresschutzorganisation Sea Shepherd gespendet. (andreas)