LIVEBERICHT

DYING FETUS + NASTY + CABAL + FROZEN SOUL :: Ausgelassene Death Metal-Party

Livebericht aus Berlin (SO36) im Zuge der „European Tour 2023“ von:
DYING FETUS mit NASTY, CABAL und FROZEN SOUL
(Text + Fotos by Yves)

 

Während DYING FETUS mit „Unbridled Fury“ Anfang Februar eine neue Single herausbringen und mit dieser ein kommendes Album andeuten, starten sie ebenfalls eine Europatour. Als Support haben DYING FETUS mit NASTY, CABAL und FROZEN SOUL gleich 3 weitere Bands im Gepäck. Das kann ich mir natürlich nicht entgehen lassen und entschloss mich daher das Berliner Konzert der Tour nicht nur zu besuchen, sondern euch ebenfalls mittels Live-Bericht ein wenig dran teilhaben zu lassen.

Auf dem Weg zum SO36 in Berlin Kreuzberg leere ich noch schnell mein Fußpils, stelle die leere Flasche aus Respekt neben und nicht in den BSR-orangen Mülleimer und gucke auf die Uhr. 19:05 Uhr. Start war mit 19:00 Uhr angesetzt. Während ich in die Oranienstraße einbiege, denke ich noch bei mir, dass das Line Up sicher viele Leute ziehen, aber zum Start wohl noch nicht gleich die ganze Hütte voll sein wird. Ist in Berlin eher selten der Fall. Weit gefehlt. Es befinden sich tatsächlich Menschen im Wartemodus vor dem Einlass, was sich durch eine kurze Warteschlange äußert. Hey, das ist super! Sowas freut mich. Wertschätzung nicht nur für Main Acts, sondern eben auch für die Supports! Gerade nach der langen Live-Zwangspause tut aber genau das sowohl den Bands, als auch den Live-Act-Ausgehungerten Szeneanhängern gut.

 

Ich gehe also rein und FROZEN SOUL spielen bereits. Scheint demzufolge pünktlich gestartet zu sein. Der Konzertsaal ist tatsächlich schon extrem gut besucht und nach vorne komme ich nicht mehr. Zu viele Leute, die bereits dicht an dicht die Band feiern. Hinzu kommt die eher länglich gestaltete Ausbauweise des Saals. Egal, geh ich später weiter vor. Was mir sofort auffällt, ist der Sound im SO36. Richtig gut, was der Tonmensch da macht und ebenfalls die Lichtshow ist schon bei FROZEN SOUL definitiv freudebringend und der Musik angepasst. Die aus Texas stammende Band FROZEN SOUL spielen eine Mischung aus Old School Death Metal mit einigen groovigen Elementen, gepaart mit der eisigen Kälte norwegischen Black Metals. Schon auf Platte hat mich diese Symbiose und das wirklich gut umgesetzte Konzept absolut abgeholt, aber live funktioniert das nochmals besser. Diese Atmosphäre, die von der Band aufgebaut wird, ist beeindruckend und die Lichttechnik weiß mit kaltem blauem Licht die frostigen Parts genauso zu untermalen, wie die Death Metal-Parts mit blitzendem Gelb oder Rot. Zudem ist die Bühne stets ein wenig nebelig gehalten, was das Liveauftreten der Band abrundet. Bevor es in die Endphase des Gigs geht, macht Sänger Chad noch eine ehrliche und emotionale Ansage, in der er vom Verlust seines kleinen Bruders erzählt und dass man die Zeit mit den Menschen, die man liebt, nutzen sollte und auch ruhig einfach mal das Telefon in die Hand nehmen, wenn man sich lange nicht sehen kann, denn der Tod kommt überraschend und viel zu früh und ihm ist es egal, wie viel man um die Ohren hat. „Tell them, you love them!“ war die ermahnende Message, welche merklich von Bedauern über den Verlust geprägt war. Fand ich stark, hat mich berührt. Und dann ging es weiter im Programm und die letzten Songs setzten den Ritt durch die Kälte weiter fort.

 

Nach kurzer Umbaupause kamen CABAL auf die Bühne. Die aus Kopenhagen stammende Band spielt eine Mischung aus modernem Deathcore und Hardcore im Mix mit djentigem Death Metal. Der erste Song knallt direkt und geht geradeaus in die Leiste und macht wirklich Spaß. Was FROZEN SOUL an eisiger, roher Kälte mitbrachten, ersetzen CABAL durch hitzige Wut. Der Gesang ist schreiend aufgebracht und erinnert an einen pubertären Wutausbruch, klingt jetzt ggf. etwas negativ, war so aber gar nicht zu verstehen. Die Wut nimmt man der Band ab, ist, was ich damit sagen wollte. Die nächsten Songs treten etwas auf die Tempobremse und erinnern an DISENTOMB mit ihren Album „The Decaying Light“. Jedoch beginnen die Songs sich in Längen zu verstricken und man verliert recht schnell den Fokus und dann auch das Interesse. Natürlich ist das subjektives Wiedergeben des Wahrgenommenen, doch leider ging es anscheinend nicht nur mir so. Ich beobachtete einige Leute, die den Pit verlassen. Ich weiß nicht genau, woran es lag, denn Bock hatte die Band und sie hat ihr Ding authentisch und gut durchgezogen. Im Gegensatz zu DISENTOMB, welche stark auf technische Instrumentaluntermalung der langsamen Parts und Songs setzt, sodass man immer irgendwo was Neues, Spannendes entdecken kann, setzen CABAL auf Synth- und Elektro-Elemente, welche im Livekontext etwas verloren gingen. Ich vermute, das nahm dann den Songs die Dynamik. Der Rest des Sets ging mit wieder erhöhtem Tempo durch und holte viele der Besucher zurück ins Boot, dennoch hatten CABAL es nach dem Opening von FROZEN SOUL schwerer richtig Fuß zu fassen. Trotz allem denke ich, CABAL sind eine vielversprechende Band im Lager des modernen Deathcores, die mit ihrem Auftritt im SO36 ganz sicher auch einige neuer Anhänger gefunden haben dürften.

 

Als letzter Anheizer kommen NASTY auf die Bühne. Ich muss zugeben, genau wie CABAL sagten mir NASTY vor der Tourankündigung nichts. Die 2004 in Belgien gegründete Band hat in den letzten fast 20 Jahren mit ihrem Beatdown / Hardcore-Mix hohe Wellen geschlagen und sind seit 2020 bei Century Media Records unter Vertrag. NASTY geben Gas. Keine atmosphärischen Anleihen, direkt in die Fresse. Da kommt Druck, das geht vorwärts. Die Crowd ist schnell begeistert am Moshen und lässt sich sowohl von den Ansagen von Sänger Matthi, als auch vom Groove, den slammigen Beatdowns und den Hardcore-Riffs anheizen. NASTY lassen das Crowd-Aufforderungsspiel wie ein Kinderspiel wirken. Circle Pit wird gefordert, es gibt Circle Pit. Und auch mich lässt diese Dynamik nicht kalt und ich lasse mich von der Band und den Songs abholen. Moment! Waren da Triolen? Waren da Pinsh Harmonics? Ja man! Penetriert! Nehm ich. Bitte weitermachen. Gibt`s nichts weiter zu sagen, NASTY haben ihr Ding durchgezogen und völlig überzeugt. Richtig gute Mischung verschiedener Subgenres. Und während ich das hier schreibe, klingt die Band aus meinen Boxen und funktioniert auch dort hervorragend. Werde ich wohl jetzt öfter laufen haben.

Nochmal eine kurze, letzte Umbaupause und DYING FETUS betreten zu „The Boys Are Back In Town“ von THIN LIZZY die Bühne. Witzig, wie ich finde. Wer DYING FETUS kennt, weiß jedoch, die machen während des Sets keine Kompromisse und das wird auch hier wieder direkt beim ersten Riff klargemacht. Die Menge explodiert mit einer enormen Intensität und DYING FETUS brauchen keine Aufwärmphase. Hier findet man sich in solch gekonnter Symbiose aus technischen Death Metal, Slams, Breaks, Hardcore und Brutal Death wieder, dass die Sinne erstmal nahe der Überforderung arbeiten und ein breites Grinsen unvermeidbar ist. FETUS ziehen alle Register des Death Metals, Sweeps auf Gitarre UND Bass. Fies, agressive Vocals und überragendes Drumming. DYING FETUS haben mich live noch nie enttäuscht und das bleibt auch weiterhin so. Sie spielen ein gut gemixtes Potpourri ihrer Diskographie. „Justifiable Homicide“, „Your Treachery Will Die With You“, „One Shot, One Kill“ liefen unter anderem bereits durch und der Pit kocht und dann wird „Grotesque Impalement“ aus dem Hut gezaubert, und die Menge kennt nun endgültig kein Halten mehr … quasi wurde das „Grotesque Impartyment“ entfesselt … *hust, sorry dafür*! Bis zum Ende des Sets hält diese ausgelassene Death Metal-Party an und man fragt sich bei jedem Song auf`s Neue, wie drei Menschen auf einer Bühne so viel Alarm machen können. Wer DYING FETUS bis jetzt noch nicht live erleben durfte, muss das unbedingt auf die To Do-Liste setzen!

 

Ein sehr gelungener Abend. DYING FETUS haben sich unterschiedlichste Support-Acts mit an Bord geholt und deckten damit eine wahrlich breite Schnittmenge ab, was sich im Publikum ebenfalls widerspiegelte. Sowohl die Alterspanne war sehr vielschichtig, als auch die Charaktere der Besucher. Alle hatten zusammen Spaß und das SO36-Team lieferte einen großartigen Job ab. Der Sound war sowohl vorne, als auch hinten im Raum sehr gut und man verlässt den Konzertabend glücklich und zufrieden. Danke dafür an alle Beteiligten! (yves)

 

Dying Fetus
https://dyingfetus.komi.io/
„Unbridled Fury“ – YouTube:

Frozen Soul
https://frozensoul.lnk.to/GlacialDomination
„Morbid Effigy“ – YouTube:

Nasty
http://nastylc.com/
„Don`t Play With Fire“ – YouTube:

Cabal
https://linktr.ee/cabalcph
„Like Vultures“ – YouTube: